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Zeqiri & Ndoye im EURO-Kader: Was darf man erwarten?
Gestern wurde das vorläufige EM-Aufgebot der Schweizer Nationalmannschaft publik gemacht. 29 Mann hat Vladimir Petkovic nominiert, am Ende werden 26 Spieler an die Endrunde mitgenommen. Etwas überraschend wurden auch die beiden Youngster Andi Zeqiri (21) und Dan Ndoye (20) einberufen. Was darf man von ihnen erwarten und wie können sie der Nati weiterhelfen? Bolzplazz macht den Check.
Im Vorfeld wurde bereits vermutet, dass Vladimir Petkovic den ein oder anderen Neuling in die Nationalmannschaft berufen würde. Dass die Wahl auf Dan Ndoye und Andi Zeqiri gefallen ist, ist nachvollziehbar. Andere Spieler wie Bastien Toma (21), Michael Frey (26) oder Sandro Lauper (24) wurden zwar ebenfalls gehandelt, sind am Ende aber Opfer der grossen Konkurrenz geworden.
Aus diesem ersten Aufgebot werden drei Spieler nach dem Ende des Trainingslagers und der Testspiele gegen die USA (30.5.) und Liechtenstein (3.6.) das Nati-Camp wieder verlassen müssen. Gut möglich, dass es mindestens einen, wenn nicht sogar beide aus dem Duo Zeqiri/Ndoye erwischt. Dennoch ist allein schon ihre Einberufung eine tolle Chance, sie erhalten zum ersten Mal eine echte Gelegenheit, sich Petkovic aufzudrängen.
Was darf man von den zwei ex-Lausannern im Nati-Dress erwarten?
Andi Zeqiri: Der lang ersehnte Nachfolger von Alex Frei?
Seit dem Abtritt des Schweizer Rekordtorschützen Alex Frei (42 Tore) fehlt es der Schweizer Nati an einem verlässlichen, eiskalten Knipser. Aus dem einst hoffnungsvoll als Erben auserkorenen Kreis an Sturmtalenten wie Eren Derdiyok, Nassim Ben Khalifa, Haris Seferovic, Mario Gavranovic, Josip Drmic oder Breel Embolo ist nie ein Nati-Torjäger der gleichen Klasse geworden. Gewiss, allen voran Haris Seferovic hat extrem viel für die Schweiz geleistet und – trotz gegenteiliger Behauptungen – eine ansehnliche Torquote (21 Treffer). Dennoch hat er für die Schweiz über die Jahre ein gewisses Level an Kaltschnäuzigkeit nie erreichen können.
Die Hoffnungen ruhen nun schon seit geraumer Zeit auf Andi Zeqiri. Das Produkt der hervorragenden Lausanner Nachwuchsarbeit gilt als grösstes Schweizer Sturmtalent der aktuellen Generation. In der letzten Saison platzte sein Knoten: Die Bilanz von 25 Scorerpunkten (17 Tore, 8 Assists) in 33 Partien liest sich sensationell. Zeqiri ballerte Lausanne-Sport zusammen mit seinen Sturmpartnern Aldin Turkes und Dan Ndoye wieder zurück in die Super League.
Mindestens genauso beeindruckend waren Zeqiris Leistungen für die Schweizer U21-Auswahl. In der erfolgreichen EM-Qualifikation gelangen ihm fabelhafte 9 Tore in 8 Spielen. Auch wenn er an der U21-EURO in diesem Frühling ohne Treffer blieb, hat er u.a. mit einem Doppelpack gegen Frankreich (3:1) in der Quali bewiesen, zur Stelle zu sein, wenn es ihn braucht. Eine Qualität, die jeden guten Stürmer auszeichnet.

Sowieso verfügt Zeqiri über jede Menge toller Qualitäten. 1,85m gross, sowohl athletisch als auch körperlich robust, gute Geschwindigkeit. Dazu kommt ein starker linker Fuss und ein echter Torjägerinstinkt. Zeqiri ist aber nicht nur auf seine Strafraum-Qualitäten zu reduzieren, das wird seinem breiten Repetoire an Fähigkeiten nicht gerecht. Er ist sehr beweglich, technisch stark, läuft in freie Räume, lässt sich auch mal fallen und sucht den Doppelpass. Daneben kann er vielseitig eingesetzt werden, etwa auf dem Flügel.
Obwohl er seit seinem Wechsel in die Premier League zu Brighton & Hove Albion noch nicht wie gewünscht zum Zug kommt, kann Zeqiri für die Nati ohne wenn und aber ein echter Gewinn sein. Eine Doppelspitze mit Haris Seferovic als Anspielstation und ihm als dynamischer Nebenmann ist eine vielversprechende Vorstellung. Zeqiri wird in den kommenden Testspielen definitiv eine Chance erhalten. Ergreift er sie beim Schopf, sind seine Chancen auf eine EURO-Teilnahme intakt.
Zeqiri erhöht sofort die Variabilität des Schweizer Angriffs. Mit ihm als zusätzliche Option hat Petkovic eine tolle Auswahl an Stürmern zur Verfügung, die alle ihre eigenen Charakteristika ins Spiel der Nati einbringen und sie somit schwerer auszurechnen machen.
Dan Ndoye: Der logische Steffen-Ersatz?
Hätte sich Renato Steffen nicht verletzt, wäre Dan Ndoye vielleicht gar nicht im Kader. Früher oder später hätte ihn Petkovic aber sowieso nominiert, denn der flinke Flügelspieler gehört – genau wie Zeqiri – zu den zurzeit vielversprechendsten Schweizer Talenten. Die Flügelpositionen waren in den letzten Jahren kaum die grössten Schweizer Trümpfe. Tranquillo Barnetta, Valentin Stocker, Steven Zuber, Admir Mehmedi, Renato Steffen und behelfsmässig auch Breel Embolo und Xherdan Shaqiri erledigten ihren Job souverän. Einen echten Überflieger hatte man auf dem Flügel aber nie – mit der Ausnahme Shaqiris, der jedoch im Zentrum besser aufgehoben ist.
Was jetzt aber auf die Schweiz zukommt, klingt verheissungsvoll. Mit Ruben Vargas, Noah Okafor und Dan Ndoye hat man nun gleich drei extrem talentierte Flügelspieler in den Startlöchern. Vargas, fussballerisch wohl der beste Spieler in seinem Klub Augsburg, hat zurzeit die Nase vorne. Entwickeln sich Okafor und Ndoye in den kommenden Jahren aber wie erhofft, dürfte ein heisser Konkurrenzkampf entbrennen.
Ndoye empfahl sich genau wie Zeqiri in der Challenge League für höhere Aufgaben. Im Alter von 18 Jahren erzielte er sein erstes Tor für Lausanne-Sport, in insgesamt 49 Spielen kam er auf starke 22 Scorerpunkte (13 Tore, 9 Assists). Im letzten Sommer zog es ihn dann zu Ligue 1-Partnerklub Nizza. Wettbewerbsübergeifende 33 Einsätze absolvierte Ndoye in dieser Saison für seinen neuen Klub, 4 Scorerpunkte (3 Tore, 1 Assist) sind ihm dabei geglückt. 2 seiner 3 Treffer erzielte er übrigens in der Europa League – kein schlechter Leistungsnachweis.

Auch Dan Ndoye war ein integraler Bestandteil des Erfolgs der U21-Nationalmannschaft. In 12 Partien für Mauro Lustrinellis Equipe sind ihm 5 Tore (dazu 4 Vorlagen) geglückt, eines davon war der viel umjubelte Siegtreffer gegen England an der diesjährigen U21-EURO. Sicher auch dank diesem Tor dürfte er sich endgültig in Petkovics Fokus gespielt haben.
Ndoye ist ein aufregender Spiel, einer, der dem Spiel der Nati guttun wird: Spielfreudig, sehr schnell, stark im Dribbling und im Eins gegen Eins. Ein technisch herausragender Fussballer, der das Potential hat, sich zu einem echten Unterschiedsspieler zu entwickeln. Gerade von der Bank aus wäre Ndoye ein Trumpf für die Nati, mit seinem Speed und seinen frechen Dribblings könnte er die bereits müden gegnerischen Defensivreihen in ihre Einzelteile zerlegen.
Es ist gut möglich, dass Vladimir Petkovic den pfeilschnellen Flügelstürmer auch fürs endgültige 26-Mann-Kader nominiert. Seine erfrischende Spielweise könnte für die Nati Gold wert sein. Dan Ndoye ist viel mehr als ein Steffen-Ersatz. Er ist die Zukunft des Schweizer Flügelspiels.
Zwei Lausanner Jungs betreten die grosse Bühne
Dan Ndoye und Andi Zeqiri verbindet nicht nur ihre gemeinsame Zeit bei Lausanne-Sport. Vielmehr stehen die beiden stellvertretend für die überragende Nachwuchsarbeit, die die Waadtländer leisten. Derselben Talentschmiede entstammt übrigens auch Jordan Lotomba, der ebenfalls im vorläufigen EURO-Aufgebot steht.
Mit Spielern wie Cameron Puertas, Gabriel Bares, Marc Tsoungui, Isaac Schmidt, Josias Lukembila, Stéphane Cueni oder Alvyn Sanches wächst in Lausanne bereits die nächste Generation Schweizer Toptalente heran. Der märchenhafte Aufstieg der beiden Eigengewächse Zeqiri und Ndoye hat ihren Weg vorgezeichnet.
Das Nati-Aufgebot der beiden Youngster ist eine Würdigung der überdurchschnittlichen westschweizer Nachwuchsausbildung und lässt auf eine rosige Zukunft für den Schweizer Fussball hoffen.
Das Nati-Aufgebot auf einen Blick: https://www.transfermarkt.ch/schweiz/startseite/verein/3384
Dan Ndoye: Einer wie Neymar: https://www.aargauerzeitung.ch/sport/u21-europameisterschaft-ein-ballzauberer-wie-neymar-dan-ndoye-die-schweizer-sturmhoffnung-fuer-die-zukunft-ld.2118270
Andi Zeqiri: Ein Star von morgen: https://de.uefa.com/under21/news/0267-11db9464c9c5-1e69f08a234a-1000--u21-euro-stars-von-morgen/