Yverdon Sport steht nach einer Absenz von 17 Jahren wieder in der höchsten Schweizer Spielklasse! Innenverteidiger Breston Malula spricht im Bolzplazz-Interview über die Bedeutung des Aufstiegs, schwere Zeiten in Chiasso und seine Zukunft. Er sagt: „Mit dem Aufstieg habe ich vor der Saison nicht gerechnet.“
Breston Malula (22) verkörpert das, was Yverdon so besonders macht. Der 1,94m grosse Berner ist keiner, dem die Profikarriere geschenkt wurde – er musste sie sich hart erarbeiten. Seine Ausbildung durchlief er bei YB, wo man in der 1. Mannschaft jedoch nicht auf ihn setzen wollte. Also wechselte er im Sommer 2020 zum FC Chiasso, doch auch dort lief es nicht wie erwünscht. Er erhielt nur spärlich Einsatzminuten und spürte kein Vertrauen vom Trainer. Schlimmer noch: Der FC Chiasso stieg ab und Malula sah keine Perspektiven mehr im Tessin. Er löste seinen Vertrag auf und blieb mehrere Monate ohne Klub. Doch den Traum vom Profifussball wollte er nicht aufgeben – und wurde dafür belohnt.
Yverdon, damals frisch in die Challenge League aufgestiegen, klopfte an und verpflichtete ihn für die 2. Mannschaft, die in der 2. Liga Interregional angemeldet ist. Sein Talent fiel Uli Forte aber bald auf, also beförderte er den Youngster in die 1. Mannschaft. Im Nu etablierte sich Malula dort als Schlüsselspieler in der Abwehr, mit seiner Athletik und seiner Zweikampfstärke wurde er schnell unverzichtbar. Und nun, in seinem zweiten Jahr in Yverdon, gelingt ihm der Aufstieg in die Super League. Malula musste einen steinigen Umweg nehmen – doch jetzt ist er am Ziel angekommen. So wie dem jungen Berner, ergeht es auch vielen anderen Spielern in Yverdons Kader. Ein Team von Ausgemusterten und Namenlosen, das die Challenge League im Sturm erobert hat. Eine tolle Geschichte!
Gratulation zum Aufstieg, Breston! Nimm uns mit: Wie verliefen die Feierlichkeiten?
Die Feier war wild, spontan und sehr schön. Aber wir gingen noch nicht auf «tutti». Erst wenn wir nach dem letzten Spieltag den Pokal nach Yverdon bringen, steigt die ganz grosse Party.
Was bedeutet dir persönlich dieser Erfolg?
Ich bin ein «Berner Giel» aus dem YB-Nachwuchs. Ich wollte immer schon in der Super League spielen. Ich musste den Umweg über die Challenge League nehmen, doch nun ist es endlich so weit. Damit geht für mich ein Bubentraum in Erfüllung. Vor zwei Jahren wechselte ich zu Yverdon in die 2. Mannschaft, die in der 2. Liga Interregional spielt – nun steige ich als Stammspieler der 1. Mannschaft in die höchste Liga auf. Nach harter Arbeit, viel Schmerz und Tränen ist dieser Aufstieg für mich eine lang ersehnte Belohnung.
Du hast es gerade angesprochen: Als du 2021 zu Yverdon kamst, warst du gerade frisch mit Chiasso abgestiegen und eigentlich nur für die 2. Mannschaft eingeplant…
Im Tessin hatte ich ein schweres Jahr. Nicht nur der Abstieg war hart, auch dass ich das erste Mal weg von daheim war und die Sprache nicht konnte, machte mir zu schaffen. Sportlich lief es überhaupt nicht, ich kam zu sehr wenig Spielzeit und erhielt kaum Vertrauen vom Trainer. Es war wirklich nicht einfach. Ich habe nach dem Abstieg meinen Vertrag aufgelöst und war danach mehrere Monate vereinslos. Ich absolvierte links und rechts Probetrainings und hielt mich bei SAFP (Swiss Association of Football Player. Bietet Trainingscamps für arbeitslose Fussballer an, Anm. d Red.) fit. Dann kam plötzlich die Anfrage von Yverdon. Auch wenn sie mich „nur“ für ihre 2. Mannschaft wollten, willigte ich ein, da ich den Traum vom Profifussball unbedingt weiterverfolgen wollte. Schnell wurde ich dann von Trainer Uli Forte in die 1. Mannschaft befördert und der Rest ist Geschichte. Yverdon war für mich der richtige Verein zum richtigen Zeitpunkt.
Du hast das entscheidende Spiel aufgrund einer Gelbsperre verpasst. Wie sehr ärgert dich das?
Das ärgert mich extrem. Ich hatte aber volles Vertrauen in meine Mitspieler, dass sie auch ohne mich den Sack zumachen. Und so kam es dann auch.
„Yverdon war für mich der richtige Verein zum richtigen Zeitpunkt.“
Hand aufs Herz: Vor der Saison hätte niemand mit einem Aufstieg gerechnet, oder?
Wenn ich ehrlich bin, habe ich vor der Saison überhaupt nicht damit gerechnet. Wir hatten eine gute Sommervorbereitung und das Kader blieb grösstenteils zusammen. Aber ich persönlich hätte es nicht für möglich gehalten. Andere im Team waren da optimistischer. Trotzdem war klar, dass die Chance aufgrund der Super-League-Aufstockung in diesem Jahr so gross ist wie sonst kaum je.
Ab wann hast du für dich persönlich realisiert, dass der Aufstieg tatsächlich machbar ist? Gab es da einen bestimmten Schlüsselmoment?
Die Hinrunde schlossen wir noch hinter Wil und Stade-Lausanne Ouchy auf Rang 3 ab. In der Rückrunde gab es dann zwei Schlüsselmomente. Einerseits unser 2:1-Auswärtssieg in Neuenburg. Wir lagen bis zur 91. Minute zurück und erzielten dann noch zwei Tore. Nach diesem Spiel hatte ich das Gefühl, dass wir das vielleicht wirklich schaffen könnten. Dieses Gefühl wurde dann nochmals verstärkt, als wir Mitte April auswärts in Schaffhausen aus einem 1:3 noch ein 4:3 machen konnten.
Was antwortest du Kritikern, die finden, dass Yverdon nichts in der Super League zu suchen hat?
Ich verstehe die Kritik ehrlichgesagt nicht. Wir haben eine Lizenz erhalten und sich spielberechtigt. Ja, unser Stadion ist kein Wankdorf oder St. Jakob-Park, aber es hat viel Charme. Ausserdem werden nun die nötigen Rennovationen vorgenommen.
Auf was darf sich die Super League freuen?
Yverdon-les-Bains ist eine kleine, hübsche Stadt mit einem schönen See. Der Verein hat eine lange Geschichte und viel Tradition – erlebte aber auch düstere Zeiten. Yverdon musste runter bis in die 1. Liga Classic und kletterte von dort wieder nach oben bis in die Super League. Der Klub ist in der Region sehr gut angesehen, auch wenn er nur als «kleiner Bruder» von Lausanne-Sport gilt. Yverdon mag klein sein, ist dafür aber sehr frech und aufmüpfig gegenüber grossen Teams.
Yverdon, Lausanne-Sport und Stade Lausanne Ouchy spielen allesamt in der Challenge League vorne mit. Aber wer ist die Nummer 1 im Kanton Waadt?
Die Tabelle sagt alles. Historisch ist Lausanne-Sport natürlich der grösste Name des Kantons, aber in dieser Saison und aus sportlicher Perspektive ist Yverdon die Nummer 1.
Was zeichnet eure Mannschaft aus?
Wir haben eine sehr gute, lebendige Mischung aus jungen Spielern und Routiniers. Der Jüngste kann mit dem Ältesten gemeinsam lachen und essen gehen. Jeder spricht mit jedem und respektiert den anderen, das macht unsere Stärke aus. Ein solch toller Teamgeist habe ich im Profifussball bis jetzt noch nie erlebt.
„Das Stade Municipal ist kein Wankdorf oder St. Jakob-Park, aber es hat viel Charme.“
Wie verlief die Arbeit mit Marco Schällibaum? Wie gross ist sein Einfluss auf diesen Erfolg?
Sehr gross. Er kam in den Klub und musste direkt eine Budgetkürzung hinnehmen. Davon liess er sich aber nicht beirren und zeigte uns einen gemeinsamen Weg auf. Er brachte neue Ideen und frischen Wind in die Mannschaft. Er arbeitete mit uns an unseren Schwächen und half uns, Konstanz zu finden. Im Angriffsspiel setzt er auf Kreativität und lässt unseren Stürmern viel Freiraum. Damit schuf er eine unserer grössten Stärken – dass wir offensiv schwer auszurechnen sind und so jederzeit Tore schiessen und Spiele entscheiden können. Auch zwischenmenschlich hat er viele Qualitäten. Er ist sehr emotional, findet aber immer die richtigen Worte, wenn es mal nicht läuft.
Nun zu dir als Spieler: Du bist mit 22 Jahren Schlüsselspieler in der Defensive des Aufsteigers. Gross, athletisch, robust. Sagen wir es mal so: Angesichts deines interessanten Profils ist es wahrscheinlich nicht sehr weithergeholt, dass du bald bei grösseren Vereinen auf dem Wunschzettel auftauchst. Wie siehst du deine Zukunft?
Ich geniesse jetzt einfach den Moment. Um andere Vereine mache ich mir keine Gedanken. Ich habe hier einen Vertrag bis 2025 und würde diesen gerne erfüllen. Aber klar, im Fussball weiss man nie und auch ich träume natürlich von grossen Vereinen. Wenn tatsächlich ein interessanter Klub anklopft, würde ich es mir zumindest mal anhören. Aber das ist momentan nicht der Fall.
Was für eine Art von Verteidiger bist du? Wie siehst du dich selbst als Spieler?
Ich habe gerne den Ball und greife damit den Raum an. Auch das reine Verteidigen liebe ich sehr. Ich sehe mich zudem als recht schnell an, bin robust und gut am Ball.
Hast du noch eine Verbindung zu deinem Förderer Forte?
Er gratulierte mir nach dem Aufstieg. Das hat mir viel Freude bereitet.
Du hast den Pass der DR Kongo, könntest aber auch für die Schweiz spielen. Hatte der SFV oder der kongolesische Verband bereits einmal mit dir Kontakt?
Der SFV hat mich bis jetzt leider noch nie kontaktiert. Auch vom kongolesischen Verband habe ich noch nichts gehört. Momentan ist also alles noch offen.
Ausgebildet wurdest du bei YB. Haben sich nun auch ehemalige Weggefährten aus Bern bei dir gemeldet?
Beim entscheidenden Spiel traf ich YB-Legende Erich Hänzi, seine Gratulation hat mich sehr gefreut. Ich traf auch den aktuellen YB-Spieler Lewin Blum, der ja im letzten Jahr leihweise selber noch für Yverdon gespielt hat und gegen Aarau mit uns mitgefiebert hat.