Gastbeitrag von Dylan Oppliger – Die hochgelobte Genfer Nachwuchsschmiede produziert in regelmässigen Abständen besonders talentierte junge Spieler. In diesen Wochen ist eine neue Generation an Servette-Talenten im Profifussball angekommen, angeführt von Valton Behrami (18) und Sidiki Camara (19). Was darf man ihnen zutrauen?
Kevin Mbabu, Denis Zakaria, Ulisses Garcia, Dereck Kutesa, Becir Omeragic, Alexandre Jankewitz, Christopher Lungoyi und natürlich Kastriot Imeri: Das sind nur einige der Spieler, die ihre fussballerische Ausbildung in der Genfer Akademie erhalten haben. In der jüngeren Vergangenheit hatte Servette oft damit zu kämpfen, dass die talentiertesten Eigengewächse mangels Aussicht auf Spielzeit früh zu anderen Clubs abgesprungen sind. Das soll sich nun unter der Aufsicht des neuen Sportchefs Philippe Senderos ändern.
Ein Teil der Strategie ist es, den vielversprechendsten Youngstern noch vor ihrem Debüt Profiverträge zu offerieren und sie so langfristig und frühzeitig zu binden. Der zweite, weitaus wichtigere Plan: Die Talente in der Super League von der Leine lassen. Coach Alain Geiger, der dies lange nur zaghaft umgesetzt hat, gibt in dieser Saison den aufstrebenden Nachwuchsspielern immer wieder Chancen, ihr Können im Herren-Bereich zu zeigen. Linksverteidiger Malik Sawadogo (18) und Innenverteidiger Roggerio Nyakossi (18) gehören seit Sommer zum fixen Kader des Fanionteams, seit der Winterpause bzw. dem 27. Spieltag schnuppern nun auch Camara und Behrami Profi-Luft.
Valton Behrami: Nomen est omen?
Für viele völlig überraschend, feierte Valton Behrami am 27. Spieltag beim Rhonen-Derby gegen den FC Sion sein Debüt in der Super League. Der Linksverteidiger ist eigentlich in der Genfer U18-Mannschaft gesetzt, doch aufgrund akuten Personalmangels (Clichy gesperrt, Sawadogo verletzt) wurde er von Geiger spontan befördert und ins kalte Wasser geworfen. Behrami löste seine Aufgabe souverän: Konzentriert, bissig, abgeklärt. Der 18-Jährige bekam es auf seiner linken Abwehrseite mit dem Sittener Wirbelwind Wesley und dem ehemaligen FCB-Schnellzug Kevin Bua zu tun, gab in den direkten Duellen gegen beide aber meist ein gutes Bild ab.
Behrami ist sehr athletisch, körperlich robust und technisch versiert. Eine gewisse Grundaggressivität gegen den Ball und in Duellen macht seinem Nachnamen zudem alle Ehre. Wenn man als Schweizer Fussballer den Namen „Behrami“ trägt, setzt das schliesslich ein Kämpferherz voraus. In seinem ersten Auftritt in der Super League zeigte das junge Genfer Eigengewächs hie und da noch Unsicherheiten im defensiven Positionsspiel, doch alles andere wäre auch verwunderlich gewesen. Der 2:1-Sieg über den Erzrivalen aus dem Wallis war insgesamt ein mehr als gelungener Einstieg für den Abwehrspieler.
Behrami – seit der U16 im Verein – hat während seiner Ausbildungszeit nicht nur als Linksverteidiger, sondern auch immer wieder als Innenverteidiger oder gar im Angriff gespielt. Diese Vielseitigkeit erlaubt es ihm, auf mehreren Positionen eingesetzt zu werden – gerade für einen jungen Spieler ein grosses Plus. Die Lust am Vorwärtsgang ist ihm auch als Linksverteidiger anzusehen, gegen Sion wusste er sein Tempo immer wieder einzusetzen, um sich in den Angriff einzuschalten und sogar selber den Abschluss zu wagen. 5 Saisontore in der U18 sprechen für seine offensive Gefährlichkeit. Valton Behrami besitzt also ein vielversprechendes Gesamtpaket, dank dem er in naher Zukunft um einen fixen Platz im Servette-Kader spielen wird. Mit seinem starken Debüt hat er sich nicht nur bei den Fans, sondern wohl auch bei Geiger in eine gute Ausgangslage gebracht.
Sidiki Camara: Ein Edeltechniker mit Potential
Schon seit der Winterpause im Dunstkreis der 1. Mannschaft bewegt sich Sidiki Camara. Der zentrale Mittelfeldspieler läuft normalerweise in der U21 in der 2. Liga Interregional auf, also in der fünfthöchsten Schweizer Liga. Dafür ist ihm der Sprung in die Profi-Abteilung erstaunlich reibungslos gelungen: Camara durfte in der Januar-Vorbereitung in einer Handvoll Freundschaftsspiele ran und erzielte im Test gegen Sion sogleich seinen ersten Treffer. Auch spielerisch hinterliess er Eindruck und konnte als Lohn wenig später in der Super League sein Debüt gegen den FC St.Gallen feiern.
Camara ist ein technisch starker, schlauer Spieler, der dank gutem Antizipationsvermögen und hoher Spielintelligenz sowohl als Sechser, als auch als Achter eingesetzt werden kann. Im defensiven Mittelfeld kommen seine „Abfangjäger-Qualitäten“ zum Tragen, im zentralen Mittelfeld seine Spielübersicht. Camara ist darüber hinaus schnell und dynamisch, nicht nur im athletischen Sinne, sondern auch mental. Seine Handlungs- und Reaktionsschnelligkeit hilft ihm nämlich, auch in komplizierten Situationen gute Entscheidungen zu treffen. In Kombination mit seiner angesprochenen technisch feinen Klinge bringt Camara ein äusserst interessantes Paket mit, dank dem er in der Super League bald schon nachhaltige Spuren hinterlassen könnte.
Zu seinem Pech ist das Servette-Zentrum qualitativ hochwertig besetzt, was seine Chancen auf Einsatzzeit aktuell schmälert: Timothé Cognat, Kastriot Imeri oder Théo Valls gehören in der Schweiz allesamt zur Crème de la Crème. Dass im Sommer aber noch alle drei in Genf sein werden, ist sehr unwahrscheinlich. Gerade Imeri dürfte nicht zu halten sein. Vom Profil her passt Camara zwar eher zum ballsicheren, cleveren Cognat, als zu Spektakel-Macher Imeri, doch so oder so dürfte sich auf die neue Saison hin einiges verändern – was dazu führen könnte, dass Camara bald schon eine grössere Rolle spielt…
Die neue Generation an Servette-Talenten hält noch weitere spannende Namen bereit. Neben dem portugiesischen U-Nationalspieler Diogo Monteiro (17) sticht vor allem Torjäger und Schweizer U18-Nationalspieler Alexandre Dias (18) hervor, der mit unfassbaren 15 Toren in 10 Einsätzen in der U18-Elite-League aufhorchen lässt. Auch er befindet sich nun im Umfeld der 1. Mannschaft, Alain Geiger berief ihn für die Meisterschaftspartie gegen Sion zum ersten Mal in den Spieltagskader der Super League.