Swiss Talent Watch: Bradley Fink – der Schweizer Haaland?

In der Serie „Swiss Talent Watch“ stellt Bolzplazz jeweils ein Schweizer Talent vor. Der 17. Beitrag ist Bradley Fink gewidmet.

Die Nachwuchsarbeit des BVB hat seit geraumer Zeit einen hervorragenden Ruf. Namhafte Spieler wie Mario Götze, Christian Pulisic, Giovanni Reyna oder jüngst Jahrhunderttalent Youssoufa Moukoko schafften alle den Durchbruch bei den Westfalen über deren Jugendakademie. Seit gut zwei Jahren mischt mit Bradley Fink auch ein 18-jähriger Schweizer in den Dortmunder U-Mannschaften mit. Und dabei ist Fink nicht nur eines von vielen Talenten, sondern der Stürmer gilt aktuell unter Experten als eines der heissesten Eisen in der Jugendabteilung des BVB.

Anfänge in der Innerschweiz

Geboren wurde Fink im beschaulichen Kanton Zug, genauer gesagt in Cham. Klein-Bradley war schon im Alter von vier Jahren verrückt nach dem Ball und spielte zusammen mit seinem Vater und anderen Kindern stundenlang Fussball im Quartier. Bereits als 5-Jähriger schloss er sich dem SC Cham an und kickte fortan im Verein. Wie es sich für ein absolutes Toptalent gehört, zeigten sich seine Qualitäten schon im zarten Alter und Fink war seinen Teamkollegen und Gegnern bei den F- und E-Junioren bereits überlegen. Besonders sein Ehrgeiz und die ungeheure Lust am Fussballspielen zeichneten sich damals schon ab und sind bis heute eine Stärke des Innerschweizers.

Die essenziellen Grundzüge eines jeden Profifussballers hatte Fink also schon im Primarschulalter verinnerlicht. Er stach auf dem Chamer Eizmoos so hervor, dass ihn der FC Luzern bereits als Neunjähriger unter seine Fittiche nahm. In den U-Mannschaften des Innerschweizer Lokalkrösus entwickelte sich Fink wunschgemäss weiter und konnte vom professionelleren Umfeld und besserer Infrastruktur profitieren. Relativ schnell zeichnete sich auch ab, dass die Rolle des Stossstürmers perfekt zu seinen Fähigkeiten passt. Von diesem Zeitpunkt an war er in den Nachwuchsteams des FCL stets absoluter Goalgetter und Leistungsträger. Doch Fink wusste nicht nur mit Scorerpunkten zu beeindrucken, sondern auch seine Qualitäten als willens- und wortstarker Anführer kamen zum Tragen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Luzerner Nachwuchsteams rund um den herausragenden Torjäger stets erfolgreich waren.

Mit der U-15 und der U-16 feierte Fink den Gewinn des Doubles. In seiner letzten Saison beim FCL schoss der seinen Gegenspielern physisch überlegene Angreifer unglaubliche 40 Tore in 21 Partien, womit er wenig verwunderlich mit grossem Abstand Torschützenkönig wurde. Dem damals 16-Jährigen lagen zahlreiche Angebote grosser Klubs auf dem Tisch. Im Sommer 2019 entschied sich Fink schliesslich zusammen mit seiner Familie, die nächste Entwicklungsetappe im Ausland bei Borussia Dortmund anzugehen. Die Abwerbung Finks sorgte für einigen Wirbel in der Szene, doch seine Entscheidung war definitiv und der FCL musste sich mit gerademal 100’000 Franken Ausbildungsentschädigung zufriedengeben.

Ein junger Schweizer in Dortmund

Fink hatte Respekt vor dem Schritt ins Ruhgebiet, doch er kann er sich voll und ganz auf familiären Rückhalt und grosse Unterstützung aus dem Dortmunder Umfeld verlassen. In seiner ersten Spielzeit im schwarz-gelben Dress merkte man ihm die Eingewöhnungsphase noch etwas an. Trotzdem war er in der U17 direkt als Mittelstürmer gesetzt. 12 Tore und 4 Assists in 18 Spielen der Junioren-Bundesliga West lautete die Bilanz seiner Debütsaison, fraglos sehr gute Werte. Zur Spielzeit 2020/2021 hin folgte der altersbedingte Übertritt in die U19-Auswahl der Westfalen.

Von den körperlichen Voraussetzungen her stellte dieser nächste Schritt Fink vor keinerlei Probleme. Schliesslich war er schon mit 16 Jahren stolze 1.90 m gross und ist seither nochmals um drei weitere Zentimeter gewachsen. Darüber hinaus ist Fink athletisch gebaut und legt mit individuellem Krafttraining stetig an Muskelmasse zu. In puncto Körperbau und Postur ähnelt er Urgewalt Erling Haaland definitiv sehr – Vergleiche mit dem Weltstar sind daher naheliegend. Denn auch die Bewegungsabläufe und seine natürliche Gier auf Tore weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit der Norwegischen Tormaschine auf. Optimale Voraussetzungen also, um sich in Zukunft auch gegen die weltbesten und härtesten Verteidiger durchzusetzen.

Abgesehen von der körperlichen Weiterentwicklung und den ansprechenden Leistungen, war die vergangene Spielzeit pandemiebedingt alles andere als optimal. Lediglich eine Handvoll Partien konnte die BVB-U19 absolvieren. Fink stand in drei Pflichtspielen auf dem Rasen und ihm gelang dabei immerhin ein Tor. Trotz der sportlich ins Wasser gefallenen Saison, lehnte sich der Zuger keineswegs zurück. Auch wenn keine Punktspiele stattfanden, ackerte Fink unermüdlich auf dem Trainingsplatz und arbeitete mit einem Personaltrainer musterhaft an seiner Fitness. Solche individuellen Sonderschichten stehen beispielhaft für den vorbildlichen Fleiss und die hochprofessionelle Arbeitseinstellung des Teenagers. Natürlich profitiert er beim BVB auch von bestmöglichen Infrastrukturen und hervorragend geschulten Betreuern rund um das Trainingszentrum in Brackel.

Die Entwicklung stimmt

Die laufende Spielzeit 2021/22 ist zwar noch jung, aber trotzdem lässt sich sagen, dass Fink nun vollends in Dortmund angekommen ist. Er traf in 7 der bislang 8 gespielten Partien in der Meisterschaft, im DFB-Pokal, im Ligapokal West und nicht zuletzt in der hochklassigen UEFA Youth League. Insgesamt registrierte er dabei famose 13 Tore und 2 Vorlagen, bei gerade einmal 707 Spielminuten. Diese fantastischen Zahlen beweisen, dass der Weg des grossen Liverpool-Fans (seine Mutter ist gebürtige Engländerin) steil nach oben zeigt und er sich in seiner Entwicklung in rasanten Schritten dem Profifussball nähert.

Zu Beginn erwähnte Stärken aus dem Kindesalter – neben grosser Lust und toller Mentalität vor allem auch die physischen Vorteile – sind Fink nach wie vor sehr dienlich. Dank viel Willen und hartem Training wird er fussballerisch und taktisch von Tag zu Tag nur noch besser – und lernt, seine herausragenden Anlagen gewinnbringen einzusetzen. Fink ist bereits im Alter von 18 Jahren ein äusserst kompletter und moderner Mittelstürmer: Technisch versiert, abschlussstark, einsatzfreudig auch in der Rückwärtsbewegung, gutes Tempo und dank 1.93 m Körpergrösse in Duellen am Boden und in der Luft mit viel Durchsetzungsfähigkeit gesegnet.

Aufgrund seines enorm ausgeprägten Zugs zum Tor und seinem natürlichen Riecher für gefährliche Situationen, kommt der Angreifer immer wieder zu Grosschancen. Diese kann er dank seiner von klein auf eingeübten Beidfüssigkeit mit unfassbarer Coolness in Tore verwandeln. Schaut man sich Highlightclips von Fink an, erkennt man sofort seine Vielseitigkeit im Abschluss: Mal trifft er mit Links, mal mit dem rechten Fuss oder per Kopfball. Diese Unberechenbarkeit hilft seinen Gegenspielern natürlich nicht dabei, ihn zu verteidigen.

Seit Beginn dieser Saison und nach seinen letzten überragenden Auftritten, ist der Hype um den Schweizer Youngster nochmals deutlich gewachsen. Auch international wird nun regelmässig über das Toptalent berichtet. Trotz dem ganzen Rummel um seine Person ist Fink alles andere als abgehoben und wirkt in Interviews sehr reflektiert und geerdet. Dies wird unter anderem dadurch untermauert, dass Fink trotz grossem Trubel im Ruhrpott nach wie vor engen Kontakt mit seinem Kindheitsverein SC Cham pflegt – eine Zeit lang amtete er dort sogar als Juniorentrainer.

Rosige Perspektiven

Es bleibt zu hoffen, dass der 18-Jährige von schwerwiegenden Verletzungen verschont bleibt und seine ungeheure Lust am Fussballspielen beibehält. Ist dies der Fall, dürfen sich der BVB und die Schweiz mit ziemlicher Sicherheit auf einen neuen Topstürmer freuen. Fink ist seit der U15 fester Bestandteil der Nationalmannschaft und sorgte auch dort in allen Jugendmannschaften für viel Furore. Derzeit gehört er der U19-Nati an, wo er unter der Ägide von Bruno Berner neue Impulse erhält. Fink dürfte sich wohl bereits in absehbarer Zeit das Dress der U21 überstreifen und dort für die Mannen von Mauro Lustrinelli auf Torjagd gehen.

Auch die Aussichten beim BVB sind vielversprechend. Zumindest noch in dieser Spielzeit bildet Fink zusammen mit dem niederländischen Ausnahmetalent Julian Rijkhoff ein gefürchtetes Dortmunder Sturmduo in der U19. Diese hochveranlagte Mannschaft muss sich auch in der UEFA Youth League vor niemandem verstecken – Pokale in die Höhe zu stemmen ist sich Fink ja noch aus seiner Zeit beim FC Luzern gewohnt. Erling Haaland dürfte nächsten Sommer für die Verantwortlichen der Schwarz-Gelben nicht mehr zu halten sein. Vielleicht ergibt sich dann für Fink bereits eine erste Chance, bei den Profis zu Fuss zu fassen und – wer weiss – zusammen mit Kollege Moukoko, den Norweger vergessen zu machen.

Sowieso sind Schweizer Stürmer bei den BVB-Anhängern immer sehr beliebt, wie die Beispiele von Stéphane Chapuisat und Alex Frei aus der Vergangenheit zeigen. Der mit Risiken verbundene Schritt nach Deutschland scheint für Finks Weiterentwicklung genau der richtige gewesen zu sein und Trainer Marco Rose dürfte ihn nach seinen überragenden Auftritten sicher bereits jetzt auf dem Radar haben. Dies sollten dringend auch alle Fussballfans in der Schweiz, denn vielleicht haben wir wirklich nächstens unseren eigenen Haaland…

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