- Emanuel Staub
Schweizer Legionäre: Skandinavien
In der Serie "Schweizer Legionäre" werden alle Schweizer Fussballer, die im Ausland unter Vertrag stehen, vorgestellt. Auch unbekannte Spieler aus weniger beachteten Ligen sollen ins Spotlight gerückt werden. Der vierte Beitrag der neuen Serie ist Schweizer Spielern in Skandinavien gewidmet.
Fussball in Skandinavien: Dänemark
Die zweifellos stärkste Skandinavische Fussballnation ist Dänemark. Das Zugpferd des nationalen Fussballs ist – ähnlich wie in der Schweiz – die Nationalmannschaft. Topstars wie Christian Eriksen (29), Youssouf Poulsen (26) oder Kasper Schmeichel (34) prägen die aktuelle Generation. Das Nationalteam hat sich mit der WM-Teilnahme 2018 wieder zurück ins internationale Scheinwerferlicht gebracht. Wozu die Dänen fähig sind, hat die Schweiz am eigenen Leib erfahren. In der EM-Quali für die Endrunde 2020 musste sich die Nati aus zwei Spielen gegen Dänemark mit gerademal einem Punkt begnügen. Das 3:3 nach 3:0-Führung hat sich nachhaltig ins Gedächtnis des Schweizer Fussballfans gebrannt, ebenfalls unglücklich sah die Nati bei der 0:1-Pleite in Kopenhagen aus.
Konstant tolle Leistungen – in der eben lancierten WM-Qualifikation für Qatar 2022 sprang u.a. ein 4:0-Sieg über Österreich heraus – haben die Dänische Nationalelf in der FIFA-Weltrangliste an der Schweiz vorbeigespült. So finden sich die Dänen aktuell auf Rang 12 wieder und stehen damit vor Deutschland (13), Holland (14), Kolumbien (15) und der Schweiz (16). An der Europameisterschaft in diesem Sommer wird mit ihnen zu rechnen sein.
Ebenfalls ein positiver Trend lässt sich in der Dänischen Liga erkennen. Die Superligaen leistet tolle Arbeit in der Entwicklung und Förderung junger Talente. Daneben hat man sich klamheimlich in der UEFA-Fünfjahreswertung an die Top 10 herangeschlichen. Tatsächlich hat die Superligaen die Schweizer Super League im Ranking um Längen abgehängt und steht momentan auf Rang 14 – während unsere Super League auf dem katastrophalen 19. Platz zu finden ist, u.a. hinter den Ligen Zyperns und Tschechiens. Am Ansturm der Dänischen Liga auf die Top-Plätze hat die erstmalige Champions League-Teilnahme vom FC Midtjylland 2020/21 einen grossen Anteil. Der amtierende Meister schlug in der Quali u.a. die Berner Young Boys mit 3:0.
Ganz offensichtlich wird in Dänemark vieles richtig gemacht. Dass der eingeschlagene Kurs der Talentförderung stimmt, zeigen nicht zuletzt die Resultate der Dänischen U21-Nationalmannschaft an der EURO. Diese qualifizierte sich als Gruppenerste (!) vor Frankreich für die Viertelfinals. Die Superligaen macht als Ausbildungsliga einen hervorragenden Job und ist mittlerweile für Talente aus aller Welt eine äusserst attraktive Destination.

Fussball in Skandinavien: Schweden
Auch für Schweden gilt dasselbe wie für Dänemark: Das Nationalteam ist das Aushängeschild des nationalen Fussballs. Dieses spielt solidarischen, physischen und zielführenden Fussball. Die Haudegen in der Defensive werden durch erfrischende junge Spieler im Angriff wie Dejan Kulusevski (20) oder Alexander Isak (21) ausgeglichen. Mit der Rückkehr Zlatan Ibrahimovics (39) für die EURO ist ein erneuter Exploit wie an der WM 2018 alles andere als ausgeschlossen.
Dass die Schweiz keine guten Erinnerungen an Schweden hat, muss nicht weiter ausgeführt werden. Wenigstens ist die Schwedische Liga, die Allsvenskan, aktuell schwächer einzustufen als die Super League. Malmö ist zwar regelmässig auf europäischem Parkett zu sehen, dennoch fällt ein grosser Teil der Liga vom Niveau her dann doch relativ schnell ab. Nichtsdestotrotz ist die Allsvenskan sehr unterhaltsam und bietet spannende Titelkämpfe. In den letzten drei Jahren gewannen drei verschiedene Klubs die Meisterschaft. Das sind Zustände, von denen man in vielen anderen europäischen Ligen nur träumen kann.
Auch in der Allsvenskan tummeln sich interessante Talente. Zu nennen wären da etwa das Isländische 18-jährige Supertalent Ísak Bergmann Jóhannesson (IFK Norrköping) oder der 22-jährige Bosnische Innenverteidiger Anel Ahmedhodzic (Malmö).
Die Schwedische Liga findet wie alle Skandinavischen Championnate (mit Ausnahme der Dänischen Superligaen) im Jahresrythmus statt. Die Saison dauert von Frühling bis Herbst, da im Winter nicht gespielt werden kann. Am kommenden Wochende beginnt die Saison 2021. Titelverteidiger Malmö sieht sich starker Konkurrenz gegenüber. Ein Coup ist IFK Göteborg gelungen: Jüngst wurde ex-Napoli-Star Marek Hamsik (33) unter Vertrag genommen.

Fussball in Skandinavien: Norwegen
Eine unglaubliche Generation wächst momentan in Norwegen heran. Noch sind die Ergebnisse nicht in den Erfolgen der Nationalmannschaft sichtbar, aber die Zukunft klingt verheissungsvoll. Allen voran weckt natürlich BVB-Superstar Erling Haaland (20) viel Lust auf die nächste Norwegische Fussballergeneration. Zusammen mit Martin Ödegaard (22), Alexander Sörloth (25), Sander Berge (23) oder Jens Petter Hauge (21) wird Haaland mit der Norwegischen Nationalelf in Zukunft für ordentlich Furore sorgen.
Die Norwegische Liga ist auf einem ähnlichen Level wie die Allsvenskan. Mit dem Unterschied, dass in der Norwegischen Eliteserien deutlich weniger ausländische Spieler anzutreffen sind. Der Grossteil der Fussballer stammt aus dem eigenen Land, die Anziehungskarft für junge Talente aus dem Ausland ist eher gering.
Die Eliteserien ist ebenfalls sehr spannend und ausgeglichen. Im letzten Herbst krönte sich FK Bodø/Glimt sensationell zum Meister, in den letzten drei Jahren gewannen wie in Schweden drei verschiedene Teams den Titel.
Molde oder Rosenborg Trondheim sind auch regelmässig in der Europa League vertreten. Gerade Molde schaffte in dieser Saison einen wahren Exploit und zog nach einem Sieg über Hoffenheim in die Achtelfinals ein. Die Eliteserien nimmt ihren Betrieb Anfangs Mai wieder auf. Erneut bahnt sich ein äusserst interessanter Titelkampf an.

Fussball in Skandinavien: Finnland
Etwas im Schatten seiner Nachbarn steht der Finnische Fussball. Im Vergleich zu Dänemark, Schweden und Norwegen hinken die Finnen etwas hinterher. Aber dennoch ist eine positive Entwicklung zu erkennen. Die Nationalmannschaft hat sich zum ersten Mal überhaupt für eine EM qualifiziert und besitzt mit Stürmerstar Teemu Pukki (31), Mittelfeld-Dirigent Glen Kamara (25) und Leverkusen-Keeper Lukas Hradecky (31) internationale Klasse in den eigenen Reihen.
Etwas trister sieht die Lage in der heimischen Liga aus: Platz 44 in der UEFA-Fünfjahreswertung sagt viel über das Level der Veikkausliiga aus. Der grösste und erfolgreichste Klub ist Rekordmeister HJK Helsinki. 30 Meisterschaften hat der Hauptstadtverein gewonnen, auch 2020 holte sich Helsinki den Titel, nachdem er 2019 überraschend an Kuopion PS ging.
Die besten Finnischen Fussballer spielen wenig überraschend alle im Ausland. Auch für ausländische Spieler ist die Veikkausliiga eher Ausweg statt Sprungbrett. Die Ausnahme bildet Alfredo Morelos: Der Glasgow Rangers-Topstürmer nahm in Finnland seine ersten Schritte im europäischen Fussball, ehe es den Kolumbianer 2017 von HJK Helsinki nach Schottland zog.

Schweizer im Skandinavischen Fussball
Wenig überraschend verdienen nicht allzu viele Schweizer Spieler ihr Geld im hohen Norden. Ingesamt sind 4 professionelle Schweizer Fussballer in Skandinavien engagiert. Während einer davon als ehemaliger Nationalspieler beste Bekanntheit geniesst, darf sich ein anderer wertvollster Spieler der Liga nennen. Die einzige Skandinavische Liga, die ohne Schweizer Beteiligung auskommen muss, ist die Norwegische Eliteserien.
Johan Djourou, 34: FC Nordsjaelland – Dänemark
Seit Herbst 2020 läuft der 76-fache Schweizer ex-Nationalspieler in der Superligaen auf. Nach missglückten Engagements beim FC Sion und bei Xamax, ging Djourou im Herbst seiner Karriere nochmals ein Abenteuer ein. Und siehe da: Bis zur Winterpause war Djourou gesetzt und zeigte ansprechende Leistungen. Der Körper machte die Belastung mit und er war für Nordsjaelland eine echte Verstärkung. Seit Mitte Februar stand der Innenverteidiger aber nicht mehr im Einsatz. Ob Probleme mit der Gesundheit der Grund sind, ist unklar. Djourous Vertrag läuft noch bis Sommer 2022. Es wäre ihm zu gönnen, würde er sich bis dahin langfristig zu einem echten Faktor für Nordsjaelland entwickeln.
Brandon Onkony, 23: FC Helsingör – Dänemark
Ein hierzulande kaum bekannter Spieler ist ebenfalls in Dänemark engagiert, wenn auch in der zweiten Liga. Der 1,92m grosse Innenverteidiger Brandon Onkony aus Montreux steht bei Helsingör unter Vertrag. 2019 landete er via Kanada in Dänemark. Noch hat ihm Skandinavien kein Glück gebracht. Mit Hobro IK stieg er in der letzten Saison ab und bei seinem neuen Klub Helsingör konnte er bislang nicht überzeugen. Bei seinem Debüt erzielte Onkony ein Eigentor und holte sich eine rote Karte ab, danach fehlte er einige Male im Kader und ist nun seit Februar mit einer Knieverletzung out. Es kann nur besser werden für Onkony.
Neftali Manzambi, 23: Mjällby AIF – Schweden
Der einzige Schweizer, der aktuell in Schweden unter Vertrag steht, ist ex-FCB-Talent Neftali Manzambi. Der 9-fache U20-Nationalspieler galt als grosses Sturmtalent und erzielte zahlreiche Tore für die Basler U21. 7 Super League-Einsätze absolvierte Manzambi, bei einem 6:1-Sieg gegen den FC Thun im Frühling 2018 erzielte er sein erstes Tor auf Profi-Stufe. Seither ging es für ihn aber bergab: Im Sommer 2018 wurde er zu Sporting Gijon in die 2. Spanischen Liga verliehen, konnte sich da aber nicht durchsetzen. Dennoch wurde er fix vom FC Basel übernommen und befindet sich nun auf seiner 3. Leihstation, seit er Gijon gehört. Im Winter 2021 wurde Manzambi nach Schweden verliehen, in der bald startenden Meisterschaft kann er hoffentlich seine Karriere mit Toren und guten Leistungen in die richtigen Bahnen lenken.

Joel Untersee, 27: HJK Helsinki – Finnland
Joel Untersee hält die Schweizer Flagge in Finnland hoch. In diesem Winter stiess der ex-FCZ-Aussenverteidiger zum Rekordmeister. Untersee ist seit seiner Ankunft mit einem Marktwert von rund 500'000 Euro der wertvollste Spieler der Finnischen Veikkausliiga. Anfangs Mai geht die neue Saison los. Untersee, seines Zeichens ehemaliger Schweizer U21-Nationalspieler, soll Helsinki dabei helfen, den 31. Meistertitel zu erobern. Geboren wurde Untersee in Südafrika. Sein Traum ist es, eines Tages für die "Bafana Bafana" aufzulaufen, wie er letzten Herbst angab. Mit guten Leistungen beim Finnischen Rekordmeister schickt er dafür sicherlich ein solides Bewerbungsschreiben.

Djourou auf der Klubseite: https://fcn.dk/employee/johan-djourou/
Untersee will für Südafrika spielen: https://www.goal.com/en-cm/news/untersee-ex-juventus-defender-wants-to-prove-himself-for/1ll0dtcam48bx1xvidl8sg9o8x
Manzambis Tor für den FCB: https://www.facebook.com/watch/?v=10156352707131407