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  • Emanuel Staub

Söldner Check: Miro Muheim – Hartes Brot beim HSV

In der neuen Serie "Söldner Check" analysiert Bolzplazz die Situation eines Schweizer Spielers im Ausland. Der erste Artikel behandelt ex-FCSG-Aussenverteidiger Miro Muheim (23), der in diesem Sommer in die 2. Bundesliga zum HSV gewechselt ist.


Spielerprofil: Im Herzen Stürmer


Miro Muheim galt in der Schweiz lange als grosses Talent. Der Flügelspieler aus der Nachwuchsschmiede des FC Zürich durchlief seit der U15 sämtliche Schweizer U-Auswahlen und erarbeitete sich auch unter internationalen Scouts einen guten Ruf. Im Sommer 2014 folgte er im Alter von 16 Jahren dem Ruf des grossen Chelsea. In London lief er in der UEFA Youth League auf und schaffte den Sprung in die U23 der Blues.


Im Winter 2017 wurde er für ein halbes Jahr an den FCZ zurückverliehen. Zu einem Einsatz in der 1. Mannschaft – die zu diesem Zeitpunkt den direkten Wiederaufstieg in die Super League anstrebte – reichte es Muheim aber nicht, er kam vornehmlich in der U21 in der Promotion League zum Einsatz. Ein Jahr später kehrte er fix in die Schweiz zurück und schloss sich dem FC St. Gallen an, der sich in der jüngeren Vergangenheit den Ruf erarbeitet hat, für "gescheiterte" Talente das perfekte Sprungbrett zu sein. Kurz nach seiner Ankunft zog sich Muheim aber einen Kreuzbandriss zu, was dazu führte, dass er erst in der Saison 2019/20 voll eingreifen konnte.


Im Nu entwickelte sich der pfeilschnelle Aussenläufer zu einer tragenden Säule der St. Galler Vizemeister-Mannschaft und schaffte den Sprung in die Schweizer U21-Nationalelf. Peter Zeidler setzte den gelernten Flügel konsequent als Linksverteidiger ein, was sich als genialer Schachzug entpuppen sollte. Mit seinem Tempo und seinen Dribblings sorgte Muheim für viel Druck über die linke Seite. Anfängliche defensive Unsicherheiten konnte er mit der Zeit immer besser kaschieren. Ballsicher, wendig und risikofreudig im Vorwärtsgang, sprintete sich Muheim in seiner ersten vollständigen Profisaison in die St. Galler Fanherzen.



Anders als Captain und Rechtsverteidiger Silvan Hefti, entschloss sich Muheim nach der überragenden Spielzeit 2019/20 zum Verbleib in der Ostschweiz. In der darauffolgenden Saison hatte er aber genau wie die gesamte FCSG-Mannschaft schwer zu kämpfen. Leistungsschwankungen, Pech und fehlende Konzentration betrafen Muheim genauso sehr wie seine Teamkollegen. Aufgrund einer komplizierten Schulterverletzung verpasste er den Start der Rückrunde und tat sich schwer, die starken Leistungen des Vorjahres zu bestätigen.


In seinen 24 Liga-Einsätzen 2020/21 liess Muheim die gewohnte Leichtigkeit und Zielgeradigkeit oft vermissen. Kein einziger Scorerpunkt gelang ihm in der abgelaufenen Super League-Spielzeit. Trotzdem rankten sich um ihn in diesem Sommer viele Wechselgerüchte. Neben dem FC Basel, dem SC Freiburg und Bundesliga-Aufsteiger SVvgg Greuther Fürth, streckte auch der Hamburger SV seine Fühler nach Muheim aus.


Schwerer Start in der 2. Bundesliga


Letztlich war es der HSV, der das Rennen machte. Gegen eine Leihgebühr gelang es den Rothosen, Muheim für ein Jahr aus St. Gallen auszuleihen. Der Plan: Der 23-Jährige soll behutsam an den deutschen Fussball herangeführt werden und Trainer Tim Walter bereits zu mehr Kadertiefe verhelfen. Stimmt die Entwicklung, kann er im nächsten Sommer gegen eine festgeschriebene Ablösesumme fest übernommen werden.


© Imago

Bislang jedoch hat Muheim hartes Brot zu beissen. Von zehn möglichen Pflichtspielen bestritt der dynamische Linksverteidiger gerademal knapp 16 Spielminuten. Erst zwei Kurzeinsätze gegen den SV Sandhausen und Erzgebirge Aue stehen zu Buche. In der Länderspielpause stand Muheim im Testspiel gegen den VfL Wolfsburg in der Startaufstellung und konnte viel Eigenwerbung betreiben. Sein Trainer dazu:


"Ich war sehr zufrieden mit ihm. Er kann damit rechnen, Spiele zu bekommen. Er ist schnell, robust und hat einen guten linken Fuss."

Tim Walter via BILD


Trotz bislang ausbleibender Spielzeit scheint Trainer Walter mit seiner Schweizer Neuverpflichtung zufrieden zu sein. Dass Muheim einen derart schweren Stand hat, liegt nicht an mangelhaften Trainingsleistungen oder zu wenig Talent, sondern hat ganz andere Gründe:


  • Verletzung zur Unzeit: Kaum in Hamburg angekommen, zog sich Muheim im Training einen Muskelfaserriss zu. Damit handelte er sich noch vor dem Saisonstart und mitten in der Sommervorbereitung einen beträchtlichen Trainingsrückstand ein, welchem er nach wie vor hinterherläuft.


  • Tim Leibold: Was die Sache für den ex-U21-Nationalspieler nicht gerade einfacher macht, ist die Tatsache, dass er mit Tim Leibold starke Konkurrenz auf seiner Position hat. Leibold ist seit seinem Wechsel 2019 Dauerbrenner und Leistungsträger. In seiner ersten HSV-Saison registrierte der Linksverteidiger überragende 16 (!) Vorlagen. Auf Leibold verzichtet Trainer Walter daher nicht einfach so.

In dieser Saison sollte es Muheims Ziel sein, so viel Spielpraxis wie möglich zu sammeln und sich so für eine definitive Übernahme zu empfehlen. Im Schatten Leibolds muss sich Muheim beweisen und sich dereinst einmal als Nachfolgekandidat für den offensivstarken Aussenverteidiger aufdrängen, sollte dieser denn sein Glück bei einem ambitionierteren Verein suchen wollen.


Reissen alle Stricke, wird Muheim im nächsten Sommer zum FC St. Gallen zurückkehren. Die Ostschschweizer Fans dürften sich kaum dagegen wehren...

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