Next Generation FC Lugano

In der Serie „Next Generation“ wirft Bolzplazz einen Blick auf die Nachwuchsakademien der Super-League-Klubs und stellt die besten Talente des Landes vor. Teil 6: FC Lugano. Wer sind die talentiertesten jungen Spieler im Tessin?

Der FC Lugano ist nicht unbedingt bekannt für eine starke Jugendarbeit. Von den 26 Spielern, die in dieser Saison mehr als einen Super-League-Einsatz für die Tessiner absolviert haben, sind nur zwei sogenannte „club trained players“ nach UEFA-Regularien, also Spieler, die zwischen dem Alter von 15 und 21 mindestens drei Jahre im Verein waren. Das trifft bei Lugano nur auf Mattia Bottani und Allan Arigoni zu.

Was sind die Gründe für die vergleichsweise geringe Talentproduktion im Lugano-Nachwuchs? Der Grund ist relativ simpel: Das Tessin ist kein grosses Einzugsgebiet, der FC Lugano hat nicht einmal eine eigene U18. Zusammen mit Bellinzona, Chiasso und Locarno betreibt Lugano das gemeinsame Nachwuchsprojekt Team Ticino, wo sich die Vereine dann am Ende um die besten Talente streiten müssen. Weiter gab es lange eine Verbindung zu Juventus Turin. Mit den Italienern vollzog Lugano immer wieder etwas undurchsichtige und meist auch wenig erfolgreiche Transfer- und Leihgeschäfte junger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Immerhin, seit dem Einstieg der Besitzer aus den USA kam das nicht mehr vor.

A propos USA: Der technische Leiter bei Chicago und Lugano, Georg Heitz, weiss aus seinen Zeiten beim FC Basel, wie erfolgreiche Jugendarbeit funktioniert. Man darf gespannt sein, ob die Investoren Lugano auch im Nachwuchs an die Schweizer Spitze heranführen können. Ein erster Schritt wäre der Aufstieg der U21 in die Promotion League. Als Tabellenzweiter ihrer Gruppe in der 1. Liga Classic treten die Tessiner in den kommenden Wochen in einem Playoff um den Aufstieg an.

Nikolas Muci (2003)

Der vom FC Lugano ausgeliehene Stürmer Nikolas Muci ist aktuell die Lebensversicherung des FC Wil im Aufstiegskampf. In seinen letzten 9 Spielen kommt er auf 7 Tore und 3 Vorlagen, damit war er an 10 der letzten 11 Wiler Tore direkt beteiligt. Muci zeichnet sich durch eine starke Präsenz und unbändigen Einsatzwillen aus. Er ist ein wuchtiger, laufintensiver Kämpfer, behauptet sich physisch und in der Luft, ist aber auch effizient im Abschluss und kann durchaus auch mal ein intelligentes Pässchen spielen.

Der Karriereweg von Nikolas Muci verlief bisher recht steil. 2020/21 wurde er mit 22 Toren in 17 Spielen Torschützenkönig der U18 Elite Liga, als Spieler des Team Ticino. Es folgte im Mai 2021, nicht lange nach seinem 18. Geburtstag, das Debüt in der Super League für Lugano. 2021/22 kamen 9 weitere Einsätze in der Super League dazu, 13 Tore in der U21, sowie der Cupsieg und das Debüt in der U20-Nati. In dieser Saison ist er nun der zweitbeste U23-Torschütze der Challenge League mit 11 Treffern für Wil, hinter Aaraus Shkelqim Vladi (15).

Mucis Potential ist sehr gross. Er ist auch noch für die nächste Saison an Wil verliehen, die Ostschweizer besitzen zudem eine Kaufoption. Die Höhe dieser Option sowie die Möglichkeit einer Rückkaufoption für Lugano sind nicht bekannt. Klar ist allerdings, dass der FC Wil seinen Platz im Aufstiegskampf nicht zuletzt den vielen Toren und Vorlagen von Muci in den letzten Monaten zu verdanken hat. Die zweithöchste Liga wird bald nicht mehr genug sein für den aktuell 20-Jährigen.

Noah De Queiroz (2002)

Noah De Queiroz ist das wahrscheinlich vielversprechendste Talent, das in dieser Saison in der U21 des FC Lugano spielt. Der Innenverteidiger mit beidfüssigen Qualitäten bringt Ruhe und ein Selbstverständnis in die Abwehr, gewinnt zudem viele Zweikämpfe. Trotz einer Körpergrösse von nur 1,82m, setzt er sich, zumindest auf dem Niveau, auch in Luftduellen problemlos durch. Er ist kein Ballverteiler, setzt dafür aber auch gerne einmal zu einem Lauf mit Ball durchs Mittelfeld an.

Nachdem De Queiroz in der letzten Saison mit Chiasso in der Promotion League spielte, durfte das Eigengewächs der Luganesi in der 1. Runde der aktuellen Super-League-Saison im Fanionteam von Mattia Croci-Torti debütieren und erzielte gegen Sion prompt sein Debüt-Tor, per Kopf nach einem Eckball. Einen Monat später wurde er im Europacup auswärts bei Hapoel Beer Sheva eingewechselt. Seither sass er zwar immer wieder auf der Bank, kam aber nicht mehr zum Einsatz für die 1. Mannschaft. De Queiroz’ Vertrag läuft im Sommer aus, wenn ihn Croci-Torti nicht für die 1. Mannschaft will, scheint ein leihweiser Wechsel in die Challenge League für ihn eine sinnvolle nächste Stufe zu sein.

Luca Molino (2003)

Linksverteidiger Luca Molino fällt in Luganos U21 als Akteur mit hoher Spielintelligenz und gutem Positionsspiel auf. Zudem bringt der Abwehrspieler auch einen gesunden Drang nach vorne mit und schlägt gute Flanken. Eine bisher sehr gerade verlaufende Karriere führte den 19-Jährigen via Team Ticino in Luganos U21, wo er sich 2022/23 in seiner 2. Saison den Stammplatz hinten links erobern konmte.

Molinos Vertrag läuft am Ende dieser Saison aus – ein Aufstieg in die Promotion League, mit Lugano oder einem anderen Team, wäre der sinnvolle nächste Schritt. Technisch ist er noch nicht einwandfrei, bei guter Entwicklung ist Molino längerfristig aber eine Zukunft im Profifussball zuzutrauen.

Noussayr Batbout (2001)

Noussayr Batbout hat bereits eine bewegte Karriere hinter sich. Der Fribourger wechselte als 16-Jähriger nach Deutschland zu Braunschweig, dann zurück in die Schweiz zu Thun. Nach einem Abstecher zu Xamax kehrte er zur U21 des FC Thun zurück, wo er im letzten Jahr mit 10 Toren in 21 Einsätzen in der 1. Liga Classic auf sich aufmerksam machte und sich so auf diese Saison hin einen Wechsel nach Lugano verdienen konnte. Batbout ist ein schneller, variabler Stümer, der dank Explosivität und Dribbelstärke auch über die Aussen kommen kann. Am gefährlichsten ist er, wenn er mit Bällen in die Tiefe lanciert wird. Mit 17, damals noch für Thun, spielte er bereits für Tunesiens U23-Nationalmannschaft. In Lugano kam er bereitd in Testspielen mit der 1. Mannschaft zum Einsatz.

Aktuell muss Batbout allerdings einen grossen Rückschlag in seiner jungen Karriere verarbeiten, er fehlt nach Operationen an beiden Knien schon seit Anfang des Jahres 2023 verletzt. Wie er selbst in einem Interview erzählte, hatte er davor lange mit Schmerzen gespielt, wodurch die Operation unausweichlich geworden sei. Kommt er erfolgreich aus diesem Tal heraus, hat der explosive Angreifer alle Karten in der Hand, um es nach oben zu schaffen.

Joel Ribeiro (2003)

Joel Ribeiro hat das klassische Profil eines kreativen Mittelfeldspielers. Er ist technisch beschlagen, bringt Flair auf den Platz, will den Ball im Fuss und versucht dann das Unerwartete. Sein Profil fiel früh auch den Scouts von Juventus Turin auf. Im zarten Alter von 16 Jahren wechselte der Schweizer Junioren-Nationalspieler von seinem Jugendklub Lausanne-Sport zur Alten Dame. Nach nur einem Jahr mit unregelmässigen Einsatzzeiten wurde Ribeiro für zwei Jahre an den Bundesligisten SC Freiburg verliehen. Aber auch in Deutschland kam er in den Stufen U17 und U19 nur spärlich zu Einsätzen.

Deshalb folgte im letzten Sommer der Schritt zurück in die Schweiz. Der FC Lugano sicherte sich seine Dienste und integrierte ihn vorerst ins U21-Team. Dort konnte Ribeiro in dieser Saison aber noch nicht konstant starke Leistungen abrufen. Das reine Talent ist zweifellos vorhanden – doch der Output auf dem Rasen fehlt noch. Kann er seine tollen fussballerischen Qualitäten öfter in Scorerpunkte und Aktionen mit Hand und Fuss umwandeln, hat Ribeiro aber ohne Frage das Potential zu einer guten Karriere.

Weitere spannende junge Spieler beim FC Lugano:

Johann Angstmann (2003): Wuseliger Angreifer, in den USA geboren aber bei Lugano ausgebildet. Trotz seines starken rechten Fusses wird er in Luganos U21 vor allem am linken Flügel eingesetzt. Debütierte Anfang Mai in der Super League.

Matteo Lape (2003): Spieler auf der rechten Aussenbahn in Luganos U21 mit Dynamik und Tempo, gebürtiger Italiener.

Attilio Morosoli (2004): Talentierter junger Torhüter, der in dieser Saison schon für Luganos U21 auflief und auch schon im Aufgebot der Schweizer U19-Nati stand.

Samuele Buffon (2005): Captain und Mittelfeldmotor der U18 im Team Ticino, darüber hinaus sehr torgefährlich.

Edoardo Castelluccia (2005): Temporeicher Linksaussen mit Abschlussqualitäten. Bester Torschütze in der U18 des Team Ticino in dieser Saison.

Ilija Maslarov (2007): U16-Nationalspieler der Schweiz, in der Rückrunde trotz jungen Alters bereits Stammspieler in der U18 des Team Ticino. Defensiver Mittelfeldspieler mit guter Einstellung und Stärken im Zweikampf.

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