- Chris Eggenberger
Mickaël Almeida: Aaraus Rohdiamant im schweren Jahr der Bestätigung
Almeida sorgte in der letzten Saison in der Challenge League im Trikot des FC Aarau für Furore. Der technisch versierte Portugiese ist nun aber in einer Schaffenskrise angelangt – genau wie die restliche Offensive des FCA.
Mickaël Almeida (22) war in der Rückrunde 2020/21 wohl der beste Spieler der Challenge League. Nach seinem leihweisen Wechsel im letzten Winter von Chiasso zum FCA steuerte er 8 Tore und 4 Assists dazu bei, dass Aarau mit 31 Punkten das erfolgreichste Team der Rückrunde war und über die ganze Saison hinweg mit 66 Toren die beste Offensive der Liga stellte.
Ein portugiesischer U17-Europameister landet in der Challenge League
Almeida wuchs im südostfranzösischen Lyon auf und erlernte im Centre de Formation von Olympique Lyonnais das Fussballspielen. Schon früh machte der Stürmer auf sich aufmerksam, mit 16 Jahren spielte er erstmals für das Junioren-Nationalteam seines Vaterlands Portugal, wo er dann bis zur U20 regelmässig zum Kader gehörte. Mit Portugals U17 wurde Almeida im Jahr 2016 Europameister, zusammen mit Rafael Leao (heute AC Milan), Diogo Dalot (heute Man United), Francisco Trincao (heute Wolves) und weiteren Spielern, die mittlerweile mit den Fanionteams von Porto, Benfica oder Sporting in der Champions League spielen.
Anders aber Almeida. Zwei Kureinsätze in der Youth League mit Lyons U19 sollten die Highlights seiner Karriere beim französischen Topklub bleiben. Knapp ein Jahr nach dem EM-Titel unterschrieb Almeida in der Schweiz beim FC Sion. Im Monsterkader der Walliser fand sich am Ende aber doch kein Platz für den Youngster, er wurde nie für ein Super-League-Spiel der Sittener nominiert und dann in der Saison 2018/19 nach Aarau verliehen. Seine Bilanz: 19 Challenge-League-Einsätze, 1 Tor – nicht gerade überragend. Der FCA übernahm den Portugiesen nicht, Sion verkaufte ihn daraufhin nach Chiasso.
Im Tessin spielte Almeida eineinhalb Jahre lang, fernab von seinen ehemaligen Compagnons in den grossen Ligen dieser Welt, ehe der FC Aarau im Winter 2020/21 auf der Suche nach einem Ersatz für den verletzten Shkelzen Gashi erneut Almeida verpflichtete. Und damit wären wir wieder am Anfang dieses Texts, bei der überragenden Rückrunde von Almeida und dem FCA.

Schaffenskrise im Herbst 2021
Nach den Erfolgen des Frühlings haben sich im Sommer die Ambitionen in Aarau geändert. Aufsteigen will man, heisst es aus dem Rüebliland. Doch genau der Sturm ist in dieser Saison das Problem beim Team von Trainer Stephan Keller, nur die drei Teams im Tabellenkeller der Challenge League erzielte weniger Tore als der FCA (25 in 17 Spielen). Ihren Toptorschützen und einzig echten Mittelstürmer der letzten Saison, Filip Stojilkovic, mussten die Aarauer ziehen lassen und verpassten es, ihn zu ersetzen. Und genau dort liegt das Problem: Almeida funktioniert am besten als hängender Stürmer, der sich im vorderen Drittel frei bewegen kann. Im einzigen Challenge-League-Spiel in dieser Saison, in dem der FCA mehr als 2 Tore erzielte (5-2 gegen LS-Ouchy), spielte eben genau Almeida hängend hinter Gashi. Doch Gashi fehlt auch in dieser Spielzeit oft verletzt, weshalb Almeida, wenn er denn spielt, oft in seiner weniger starken Position als einziger Stürmer agiert. Der 22-Jährige mit dem auffälligen "Man Bun" steht erst bei einem Saisontor, auch wenn seine Leistungen meist stark waren und seine technische Klasse ihn von den allermeisten Spielern in der Liga abhebt.
Wie die Aargauer Zeitung Ende November berichtete, will der FCA im Winter nun einen neuen Stürmer verpflichten. Das kann aber als Fehleinschätzung von Sportchef Sandro Burki ausgelegt werden. Denn wenn ein Team mit der Offensivpower von Gashi, Almeida, Kevin Spadanuda, Donat Rrudhani und Liridon Balaj, das in der Vorsaison die beste Offensive der Liga stellte, zu wenig Tore erzielt, sollte viel eher der Trainer und sein Spielsystem hinterfragt werden. Es gibt aber auch positive Zeichen: Gashi erzielte seit seinem Verletzungscomeback in zwei Partien drei Treffer. Der FCA überwintert nach einer turbulenten Vorrunde auf dem Barrage-Platz. Wenn Trainer Keller seine Offensive nun wieder ins Rollen bringt, sind Aaraus Aufstiegsträume noch lange nicht ausgeträumt und auch für Almeida persönlich ist der Weg in die Super League oder sogar darüber hinaus nicht unrealistisch. Wenn auch etwas später als seine Kollegen aus Portugals U17: Der Griff nach den Sternen ist für Almeida immer noch möglich.