«Im Fussball geht es schnell» – Interview mit LASK-Schweizer Enrique Wild

Vom FC Winterthur in den Europacup: Abseits der Schweizer Öffentlichkeit hat sich Enrique Wild (21) in Österreich einen Namen gemacht. Der Linksverteidiger aus Frauenfeld wechselte jüngst zum LASK. Wir haben mit ihm gesprochen.

Hi Enrique! Wie ist das Leben in Linz?

Nicht gross anders als in der Schweiz, nichts Spezielles. Vergleichbar mit St. Gallen, schon nicht gerade wie Zürich. Aber es lässt sich hier gut leben, die Donau fliesst durch die Stadt, es ist definitiv schön hier.

Du bist in diesem Sommer aus der 2. Liga von den Juniors Oberösterreich zum Partnerklub LASK gewechselt. Wie liefen da die Verhandlungen ab?

Trotz der Partnerschaft sind das ja zwei getrennte Vereine. Es gibt Spieler, die einen Vertrag haben, der für beide Klubs gilt. Ich hatte aber nur einen Vertrag für die Juniors. Daher habe ich in diesem Sommer einen normalen Übertritt von den Juniors zum LASK vollzogen. Zwischen den zwei Klubs besteht eine sehr enge Kooperation, daher lief der Wechsel reibungslos ab.

In kurzer Zeit hat sich bei dir sehr viel verändert: Im letzten Spätsommer warst du noch beim FC Winterthur, letzte Woche gabst du dein Debüt im Europacup. Musst du dich manchmal kneifen?

Kann man schon so sagen! Als ich nach Österreich ging, haben mir die Verantwortlichen der Juniors gesagt, dass so ein rasanter Aufstieg durchaus möglich sei. Wenn ich bei ihnen eine gute Saison spielen würde, könne es sehr schnell gehen. Obwohl ich noch mit einer Verletzung zu kämpfen hatte, konnte ich in der letzten Saison sofort performen und habe mich interessant gemacht. Klar, insgesamt ist es schon sehr schnell gegangen: Von der 2. Liga zu einem Topklub der österreichischen Bundesliga, der zudem noch international vertreten ist.

In der letzten Woche konntest du in der Conference Quali gegen Vojvodina dein Debüt für den LASK feiern – und hast direkt einen Assist verbucht. Erzähl uns davon!

Das war natürlich ein super Gefühl. Davor habe ich noch nicht viel gespielt, abgesehen von ein paar Testspielen in der Vorbereitung. In der Meisterschaft war ich bis anhin nur auf der Bank, daher war es wirklich toll für mich, dass ich bei meinem Debüt gleich 20 Minuten bekommen habe und diese Zeit für einen Assist nutzen konnte. Das ist für mich persönlich ein toller Start, besser hätte ich es mir kaum vorstellen können. Ich bekam über aussen einen Ball, von der linken Seite flankte ich in die Mitte, wo Alexander Schmidt per Kopf verwerten konnte.

Wie lautete das Feedback des Trainerteams nach deinem Ersatz?

Ich bekam von allen Glückwünsche. Sie sagten mir, ich solle so weiter machen und geduldig bleiben. Wir haben ein sehr gutes Kader, und ich bin ein junger Spieler, der neu in der Mannschaft ist. Das Trainerteam hat mir zu verstehen gegeben, dass es bislang sehr zufrieden mit mir ist.

Du bist Linksverteidiger, hast es 2018 in die U21-Nati geschafft. Was zeichnet einen guten LV aus?

Heutzutage ist wichtig, dass man sowohl offensiv, als auch defensiv etwas draufhat. Man braucht ein gutes Gleichgewicht. Es braucht defensive Stabilität und gleichzeitig offensiven Schwung. Gerade der offensive Aspekt dieser Position bereitet mir sehr grossen Spass. In der Jugend war ich ursprünglich Flügelspieler, mit der Zeit bin ich dann eine Reihe nach hinten gerückt.

Wo siehst du deine Stärken als Linksverteidiger?

Im technischen Bereich und in der Schnelligkeit. Mein linker Fuss ist zudem nicht so übel!

Und wo deine Schwächen?

Meine Physis kann ich sicher noch ausbauen und auch taktisch kann ich noch viel lernen, vor allem im defensiven Bereich.

In Österreich hast du dich rasant weiterentwickelt, anders ist der Wechsel zum LASK ja gar nicht zu erklären. In welchen Aspekten hast du die meisten Fortschritte gemacht?

Schwer zu sagen! Ich finde, am meisten habe ich mich in meiner Persönlichkeit entwickelt. Beim FC Winterthur gehörte ich zu den jüngsten Spielern, bei den Juniors zu den ältesten. Man holte mich mit der Absicht, dass ich mich zum Führungsspieler entwickeln sollte – und genau das ist mir gelungen. Selber Führung zu übernehmen, die Mannschaft aufbauen, wenn es nicht gut läuft – das alles hat mich persönlich weitergebracht.

Du warst bei den Juniors gesetzt und hast gut performt. Wie würdest du die 2. Liga mit der Challenge League vergleichen?

Das Level der 2. Liga und der Challenge League ist ähnlich, in Österreich gibt es aber mehr Mannschaften, daher ist die Qualität ausgeglichener verteilt. Speziell war, dass ich bei den Juniors wirklich in einer extrem jungen Mannschaft gespielt habe, da hat man schon gemerkt, dass Erfahrung sehr wichtig ist. Klar, auch in der Challenge League gibt es junge Spieler, aber in Österreich wird das konsequenter umgesetzt, gerade im Rahmen der Kooperationsklubs und Zweitvertretungen, die in der 2 Liga spielen dürfen.

Du wartest noch auf dein Bundesliga-Debüt für den LASK, an den letzten zwei Wochenenden fehltest du ihm Kader. Gab es dafür einen speziellen Grund?

Körperlich geht es mir gut, der Trainer hat mit mir deswegen das Gespräch gesucht und mir gesagt, dass durch die intensiven letzten Wochen die Innenverteidiger rotiert werden müssten. Deswegen wolle er lieber zwei zusätzliche Innenverteidiger auf die Bank nehmen, da wir ja mit Dreierkette spielen. In Zukunft hat er das aber nicht mehr vor, sobald die Stamminnenverteidiger wieder bei 100% sind, will er mich wieder mitnehmen.

Der LASK agiert mit Dreier-/Fünferkette. Siehst du dich als linker Schienenspieler oder doch eher in der Dreierkette als linker Innenverteidiger?

Ich sehe mich ganz klar auf der Aussenbahn. In der Abwehrzentrale habe ich noch gar nie gespielt, dort gingen auch meine offensiven Qualitäten verloren.

Durch dein Tempo und deinen Offensivdrang passt dir eine Dreierkette mehr als eine traditionelle Viererkette, oder?

Ja, das würde ich schon sagen. In der Schweiz habe ich zwar immer mit Viererkette gespielt, seit ich zu den Juniors ging, habe ich aber gemerkt, wie gut die Dreierkette zu mir passt. Als ich hierherkam war mit bewusst, dass hier so gespielt würde, und genau das hat mich auch gereizt.

Was ist für dich auf dem Platz der tatsächliche Unterschied zwischen einer Vierer- und einer Dreierkette?

In der Dreier- bzw. Fünferkette hast du als linker Aussenläufer offensiv viel mehr Freiheiten. Du kannst eigentlich konstant die Offensive suchen und auch stets vorne bleiben, weil hinten durch die drei Innenverteidiger abgesichert wird. In der Viererkette ist das ein wenig anders: Wenn der Rechtsverteidiger hoch steht, kannst du als Linksverteidiger nicht unbedingt auch noch mitgehen, weil die Defensive sonst ungeschützt ist. Auf der Aussenposition im Dreier- bzw. Fünferabwehrsystem wird extrem viel Laufarbeit gefordert, du musst konsequent die ganze Seite beackern. Auf dieser Position muss man ein wenig das Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive finden, zu Beginn kann das auch ein wenig dauern. Hat man die Balance aber einmal gefunden, macht einem diese Rolle sehr viel Spass!

Welche Spielprinzipien vertritt der LASK?

Den LASK zeichnet eine hohe Intensität und viel Pressing aus. Das schnelle Vorwärtsspiel haben sie auch europäisch immer wieder unter Beweis gestellt, in der letztjährigen Europa League-Gruppenphase haben sie 10 Punkte geholt.

Gibt es für dich einen klaren Plan im Verein? Welche Perspektiven wurden dir beim Wechsel aufgezeigt?

Man hat mir ganz klar gesagt, dass ich vorerst als Back-up für Rene Renner, den linken Aussenläufer, eigeplant bin. Wir haben viele Spiele in der Liga, im Cup und international. Sie haben mir aufgezeigt, dass es durch die Dreifachbelastung auch immer wieder Spielzeit für mich geben wird. Dann habe ich mich zum Wechsel entschieden, auch wenn ich jetzt zu Beginn geduldig sein muss.

Beim LASK trifft du auf Yanis Letard, der in diesem Sommer vom FCSG in die österreichische Bundesliga gewechselt ist. Hilfst du ihm beim Einleben?

Mit ihm verstehe ich mich super, er ist ein toller Typ. Ich habe früher bei St. Gallen gespielt, war in der Nati. Aus dieser Zeit kenne ich sehr viele Leute, und zu Yanis hatte ich durch meine Espen-Vergangenheit auch gleich Berührungspunkte. Er hat sich mittlerweile sehr gut eingelebt.

Mit Noah Okafor, Bryan Okoh oder Haris Tabakovic kicken einige weitere Schweizer in Österreich. Führt ihr als Schweizer Legionäre einen Austausch miteinander?

Nein, Kontakt haben wir eigentlich nicht. Man weiss einfach voneinander und sieht sich bei den Spielen. Noah kenne ich noch aus dem Nachwuchs. Als ich beim FCSG war, habe ich in der Jugend oft gegen ihn gespielt. Und auf Tabakovic bin ich in der letzten Saison in der 2. Liga getroffen, er ist aber älter als ich, daher kenne ich ihn nicht wirklich.

Linksverteidiger sind natürlich immer begehrt: Ist für dich die Nati ein Thema?

Jetzt noch nicht. Aber im Fussball kann es ja sehr schnell gehen. Wenn ich abliefere, oder Stammspieler werde, ist es vielleicht nicht auszuschliessen. Aber es gibt ja auch in meinem Alter gute Linksverteidiger, etwa Miro Muheim, der ja jetzt beim HSV spielt. Es ist sicher ein Ziel für die Zukunft, aber aktuell will ich mich auf meine Aufgabe beim LASK konzentrieren und mich hier weiterentwickeln.

© Johann Groder

Wann hattest du zum letzten Mal mit dem SFV Kontakt?

Als ich in der U-Nati war. Mit Jahrgang 1999 bin ich ja jetzt leider zu alt für die neue U21-Generation.

Was sind deine persönlichen Karriereziele? Und was hast du dir für diese Saison vorgenommen?

Ich nehme immer Step für Step, aber klar hat man einen Traum: Meiner wäre es, eines Tages in der Premier League zu spielen. In dieser Saison will ich mich einfach ans höhere Tempo und an die grosse Qualität gewöhnen, möglichst viel Erfahrungen und Spielzeit sammeln und geduldig bleiben. Mit der Zeit will ich dann angreifen.

Zum Abschluss:

  • Bester Mitspieler (egal ob Klub oder Nati)? Ruben Vargas.
  • Bester Gegenspieler? Reiss Nelson.
  • Bislang bester Moment deiner Karriere? Profidebüt beim FC Winterthur.
  • Persönlicher Lieblingsklub? Barcelona.
  • Lieblingsessen? Kann mich nicht festlegen.
  • Lieblingsferiendestination? Thailand.
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