- Joel Trummer
FC La-Chaux-de Fonds: Verblasster Glanz glorreicher Tage
Auf einem Juraplateau zwischen der Schweiz und Frankreich, in 1000 Metern Höhe, liegt La Chaux-de-Fonds. Im Volksmunde ist die zweitgrösste Stadt des Kantons Neuenburg mit ihrem schachbrettartigen Aufbau vor allem für ihre Uhrenindustrie bekannt. Ihr örtlicher Fussballverein, der FC La Chaux-de-Fonds, ist der heutigen Fussballgeneration wohl nicht mehr wirklich ein Begriff. In erfolgreichen Zeiten gelangen dem dreifachen Schweizermeister einige Achtungserfolge im Europapokal der Landesmeister gegen andere namhafte Clubs.
Rundgang durchs Stade de la Charrière
Wer den Fussball wirklich leibt und lebt, ist in gewisser Hinsicht auch ein bisschen Historiker. Gerade bei mir lösen ältere Stadien, in welchen schon Meisterschaften gefeiert oder sogar Europapokalspiele ausgetragen wurden, auch immer eine gewisse Nostalgie aus. Vor allem dann, wenn die Gegenwart düster aussieht, und Hoffnung auf Besserung nicht wirklich vorhanden ist.
Das Spielfeld der altehrwürdigen „Charrière“ weist eine Dimension von 100 x 70m auf. Mit einem Kunstrasen, welcher erst in den letzten Jahren installiert wurde sowie einer Rasenheizung, ist dieses für den Schweizer Amateurbereich überdurchschnittlich gut ausgestattet. Dies liegt jedoch zum grossen Teil auch an der Lage. Denn wie bereits zu Beginn erwähnt, ist die Stadt La Chaux-de-Fonds relativ hoch gelegen und nicht gerade von der Sonne verwöhnt.
Insgesamt bietet das Stadion Platz für 12‘700 Zuschauer, wovon 2‘500 Sitzplätze sind. Ein grosse Arena für eine Stadt mit heute etwas über 37'000 Einwohner. Gebaut wurde die Anlage im Jahr 1940, gespielt hat der Verein dort jedoch schon zuvor. Entlang des Spielfeldes sind die zwei Haupttribünen vorzufinden, welche beide überdacht sind und zum grossen Teil mit Sitzplätzen ausgestattet sind. Benannt wurden Sie mit „Tribune Abegglen“ sowie „Tribune Antenen“ nach zwei Legenden des Vereins.
Charles Antenen erzielte für die Jurassier über hundert Tore und brachte es auch für die Schweizer Nationalmannschaft auf 56 Einsätze (22 Treffer). Auf der „Tribune Abegglen“, deren Sitzschalen in Rot, Grün und Oliv gehalten sind, sind ausserdem einige Plätze für die Presse sowie die Speakerkabine vorhanden.
Der Bereich zwischen den Haupttribünen ist rundumlaufend mit Betonstufen gestaltet worden, wie man dies in der Schweiz gerade im Tessin oft vorfindet. Sehr markant fand ich ausserdem die vier Flutlichtmasten, welche nicht wie üblich in Richtung des Spielfeldes ausgerichtet sind. Die Beleuchtung ist an einem kreisförmigen Eisenrohr befestigt, welches zur Folge hat, dass die Scheinwerfer in jede Himmelsrichtung zeigen.
Abgesehen von den erwähnten Haupttribünen, welche für die damalige Zeit von stattlicher Grösse sind, deutet nicht mehr viel darauf hin, dass die Gastmannschaften hier auch schon andere Namen als Echallens oder Meyrin hatten. Einzig einige Aufkleber von Fangruppierungen diverser Super League-Clubs an den Eingangstoren deuten an, dass dieses Stadion auch schon Fussball auf höherem Niveau gesehen hat.


Vereinsgeschichte
Gegründet wurde der FC La Chaux-de-Fonds am 4. Juli 1894 und gehört somit zu den zehn ältesten Fussballvereinen der Schweiz. In den Jahren nach dem Stadionneubau begann die beste Zeit für den Verein, welcher zwischen 1948 und 1964 dreimal Schweizer Meister und sechsmal Cupsieger wurde. Wie dies in der französischsprechenden Schweiz leider so üblich ist, konnte auch hier nie ein wirklich grosser Zuschaueraufmarsch verzeichnet werden. Auch in erfolgreichen Jahren fanden im Schnitt nie mehr als 6‘000 Fans den Weg ins Stadion. Dies war im Vergleich zu den damaligen Nationalliga A Vereinen graues Mittelmass.
In dieser Zeit konnte man sich aber auf internationaler Ebene einen Namen machen. In der Saison 1964 / 1965 beispielsweise wurde der französischen Rekordmeister AS St. Etienne im Europapokal der Landesmeister in der ersten Runde (Damals wurde von Beginn an im KO-System gespielt) ausgeschaltet. Im Achtelfinale war der Rekordmeister aus Portugal, Benfica Lissabon, dann jedoch eine Nummer zu gross. Nach einem 1:1 im Hinspiel gab es beim Rückspiel in Lissabon eine deutliche 5:0 Niederlage.
Video vom Spiel gegen die ASSE:
(Auf Youtube wird das Spiel als 16-Finale bezeichnet, richtig hiess es damals jedoch 1. Runde)
Nach den erfolgreichen Jahren wandelte sich der Verein zu einem unauffälligen Mittelfeld-Club der Nationalliga A. In der obersten Spielklasse konnte man sich trotzdem noch bis ins Jahr 1987 behaupten, ehe der Abstieg folgte. Ein Abstieg kann ja unter Umständen auch eine Chance auf einen Neubeginn sein. Im Fall von La Chaux-de-Fonds war es jedoch vielmehr der Beginn einer Leidenszeit, welche noch lange andauern sollte.
Angekommen in der Nationalliga-B (damals oberste Amateurspielklasse), verschwand der Verein endgültig von der grossen Bühne des Schweizer Fussballs. Einer der wenigen Lichtblicke war der 2003 gelungene Wiederaufstieg in die neu formierte Challenge League, in welcher sich der Verein bis ins Jahr 2009 auch halten konnte. In dieser Zeit ging es jedoch primär um den Klassenerhalt. Chancen auf den Aufstieg waren nie vorhanden.
Ende Saison 2008/09 erhielt man dann in der Challenge League keine Lizenz mehr und wurde in die sechstklassige 2. Liga relegiert. Zur Saison 2016/17 hin gelang immerhin noch der Aufstieg in die drittklassige Promotion League. Nach drei Saisons folgte dann aber der Abstieg in die 1. Liga Classic.
Aktuell
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde ja die letzte Saison im Amateurfussball abgebrochen und auch die aktuelle Spielzeit wird wohl nicht mehr zu Ende gespielt. Beim Saisonabbruch platzierte sich der Verein jeweils auf dem zweit - respektive auf dem drittletzten Platz. Mit einer seriösen Führung hätte der Verein in meinen Augen mittelfristig wieder das Potenzial, um immerhin in der Promotion League mitzuspielen.
Super League-Fussball oder Derbys gegen den Kantonsrivalen Xamax werden in den nächsten Jahren wohl nicht stattfinden. Wobei so ein traditionsträchtiger Verein der Challenge League beispielsweise ganz guttun würde. Aber ich lasse mich natürlich gerne eines Besseren belehren! Denn wie bereits zu Beginn erwähnt, lebt der Fussball auch von Geschichte und Tradition. Davon würde der Verein aus der Uhrenstadt auf jeden Fall einiges mitbringen.
Klubeintrag auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/FC_La_Chaux-de-Fonds
Vereinshomepage: https://fccdf.ch/