Europacup in Armenien, Topklub in Kroatien: 5 unbemerkt spannende Schweizer Auslandtransfers

Der Transfersommer ist in vollem Gange. Links und rechts werden interessante Deals abgewickelt. Nicht alle Wechsel erhalten im Schweizer Fussballkosmos aber jene Aufmerksamkeit, die sie verdient hätten. Zeit daher, auf fünf unbemerkt spannende Auslandtransfers von Schweizer Spielern in diesem Sommer zu blicken.

Jahr für Jahr spielt sich in den Sommermonaten dasselbe Spektakel ab. Während bei internationalen Mega-Transfers wie jenem von Erling Haaland zu Manchester City oder Sadio Mané zum FC Bayern München die gesamte Fussballwelt mitfiebert, erregt das Wechseltheater abseits des grossen Scheinwerferlichts weitaus weniger Interesse. Dabei sind es oft die „exotischen“ Transfers aus kleineren Ligen, die tolle Storys hergeben. In diesem Artikel beleuchten wir daher fünf äusserst interessante Wechsel von Schweizer Profis, die in der breiten Öffentlichkeit ein wenig untergegangen sind.

Josip Drmic (29): Ein Topklub in Kroatien für den WM-Traum

Drmics Karriere erlitt nach seinem gescheiterten Versuch bei Norwich City in der Premier League einen empfindlichen Knick. Der 35-fache Schweizer Nationalspieler wurde in die Reserve abgeschoben und verlor seinen Platz in der Nati. Im Winter 2021 dann der letzte Ausweg: Drmic liess die englische Hochglanz-Fussballwelt hinter sich und wechselte leihweise nach Kroatien, in die Heimat seiner Eltern. Dort schloss er sich HNK Rijeka an, derselbe Verein, bei dem einige Jahre zuvor Mario Gavranovic seine Karriere einst neu lancieren konnte. Drmic fand sich sogleich blendend zurecht, fühlte sich endlich wieder wohl auf dem Platz und erhielt das ganze Vertrauen des Trainerteams. Das Resultat: 32 Tore in eineinhalb Saisons und ein zweiter Platz im Torjäger-Klassement in der abgelaufenen Spielzeit.

Rijeka erwies sich als das genau richtige Pflaster für Drmic, um wieder zur Freude am Fussball zurückzufinden. Seine tolle Torquote blieb natürlich nicht unbemerkt – weder bei Nationaltrainer Murat Yakin, der ihn auf dem Schirm hat, noch bei der ligainternen Konkurrenz: Dinamo Zagreb, der grösste und erfolgreichste Verein Kroatiens, schlug in diesem Sommer zu und schnappte sich den Schweizer Stürmer. Mit Dinamo wird er nun um den Titel spielen und sich international präsentieren können. Gute Voraussetzungen, um vielleicht doch noch auf den WM-Zug aufzuspringen. Mit diesem Transfer tritt er überdies erneut in die Fussstapfen von Gavranovic: Auch er wechselte von Rijeka zu Dinamo – und erlebte dort seine sportlich erfolgreichste Zeit.

Simone Rapp (29): Endlich eine echte Chance im Ausland

Insgesamt 104 Scorerpunkte in der Super League und in der Challenge League musste Simone Rapp erzielen, ehe er eine echte Chance bei einem ausländischen Verein erhielt (abgesehen von einem sechsmonatigen Abstecher nach Rumänien, bei dem er zu gerademal zwei Einsätzen kam). Der Karlsruher SC, ein echter deutscher Traditionsverein und ein etablierter Klub in der 2. Bundesliga, sicherte sich in diesem Sommer die Dienste des Tessiner Torjägers.

In der vergangenen Saison war Rapp beim FC Vaduz aktiv, wo er mit seinen 1,93m Körpergrösse und seiner Gefährlichkeit in der Luft die gegnerischen Abwehrreihen terrorisierte. 16 Treffer in nur 24 Partien sind eine exzellente Quote und zeigen auf: Rapp ist zu gut für Zweitliga-Fussball in der Schweiz. Nun kann er sich in der 2. Bundesliga beweisen, eine tolle Herausforderung für jeden Schweizer Profi. Auch finanziell dürfte er von diesem Wechsel profitieren und in eine neue Gehaltsklasse aufsteigen.

Kevin Spadanuda (25): Das Märchen des Sommers

Vor vier Jahren noch im Amateurbereich engagiert, spielt Kevin Spadanuda in der nächsten Saison gegen Weltstars wie Messi, Neymar oder Mbappé. Der gebürtige Zürcher wechselt nach einer herausragenden Saison beim FC Aarau (18 Tore, 6 Vorlagen) ohne Zwischenschritt in die Ligue 1 zum Aufsteiger AC Ajaccio aus Korsika. Direkt aus der Challenge League in eine Topliga – eine Ehre, die nur wenigen zuteilwird. Für Spadanuda, für den der Traum von einer Profikarriere aufgrund gesundheitlicher Beschwerden einst ausgeträumt schien, ist dieser Transfer nicht weniger als ein kleines Märchen.

Beim FC Aarau machte sich der dynamische Flügel in den vergangenen drei Spielzeiten als explosiver, trickreicher und geradliniger Angreifer einen Namen. Auch viele Super-League-Klubs hätten ihn gerne unter Vertrag genommen, mit dem verlockenden Angebot aus Korsika konnten die nationalen Bewerber aber nicht mithalten. Selbst wenn der Sprung vom Brügglifeld auf die internationale Bühne gigantisch sein mag: Für Spadanuda ging in diesem Sommer ein Traum in Erfüllung. Ein Traum, der noch weitere unglaubliche Kapitel bereithalten könnte – etwa ein Nati-Aufgebot, wenn er sich in der Ligue 1 tatsächlich durchsetzen sollte.

Drilon Kastrati (20): Europapokal in Armenien

Von allen hier aufgelisteten Transfers ist dieser der mit Abstand exotischste: Drilon Kastrati wechselt vom FC Schaffhausen zu Ararat Erewan nach Armenien. Beim armenischen Hauptstadtklub soll der frühere Schweizer Juniorennationalspieler das zentrale Mittelfeld verstärken. Das Besondere: Ararat ist europäisch vertreten und spielt in der Conference-League-Qualifikation um ein Ticket für die Gruppenphase. Aus der Challenge League in den Europapokal: Kein schlechter Deal!

Kastrati wechselte im Sommer 2020 aus der U19 des SC Freiburg in die Munotstadt. Murat Yakin hielt grosse Stücke auf den Sechser, 20 Einsätze verzeichnete dieser in seiner Debütsaison. In der abgelaufenen Spielzeit war der frühere GC-Junior aber komplett aussen vor. Der Wechsel nach Armenien ist daher nicht nur als Abenteuer zu werten, sondern auch als nächster Versuch, im Profifussball Fuss zu fassen.

Cédric Brunner (28): Ein deutscher Grossklub rief

Vor kurzem wäre es noch ein grosses nationales Medienereignis gewesen, wenn ein Schweizer Spieler zum FC Schalke 04 gewechselt wäre. Ivan Rakitic, Mario Gavranovic, Tranquillo Barnetta oder Breel Embolo gehören zu diesem illustren Kreis Schweizer „Knappen“. Seit Neustem darf sich auch ex-FCZ-Rechtsverteidiger Cédric Brunner als Schalke-Profi bezeichnen. Doch sein Transfer zu den Königsblauen ist hierzulande nur eine Randnotiz. Denn: Schalke ist nach dem Abstieg 2021 noch nicht wieder derselbe stolze Verein wie einst – und Brunner als vormaliger Bielefeld-Verteidiger mit null Länderspielen auf dem Buckel weniger interessant als ein Breel Embolo, der immerhin für eine Rekordsumme nach Deutschland verkauft wurde.

Brunner hat sich den Wechsel zu Schalke redlich verdient. Zwei Jahre lang brachte er in der Bundesliga überaus solide Leistungen. Auf der rechten Abwehrseite der Arminia beeindruckte er mit tollem Zweikampfverhalten, Biss und Stellungsspiel. Defensiv gehörte Brunner in der vergangenen Saison statistisch zu den besten Rechtsverteidigern Deutschlands – der Lohn nun ein Wechsel zu einem der grössten Klubs des Landes. Glänzt er auch auf Schalke, muss sich Murat Yakin definitiv überlegen, nicht doch mal noch zum Hörer zu greifen…

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