Eines Tages Nati? Underrated Swiss Goalies Part 2

Dass die Schweiz eine Torhüternation par excellence ist, dürfte überall bekannt sein. Goalies wie Pascal Zuberbühler, Diego Benaglio, Yann Sommer, Roman Bürki oder Jonas Omlin standen oder stehen an der Spitze der nationalen Torwartgenerationen. Hinter diesen Hauptfiguren hat sich in den letzten Jahren aber eine qualitativ herausragende Torhüterschicht gebildet, die weder medial, noch in Schweizer Fankreisen die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient. Bolzplazz stellt die begabtesten dieser unterbewerteten Schweizer Torhüter vor.

In dieser Auflistung werden diejenigen Schweizer Goalies ins Licht gerückt, die noch nie Teil der Schweizer A-Nationalmannschaft waren. Im zweiten Teil der „Underrated Swiss Goalies“-Artikelreihe stellen wir zwei unbekannte Schweizer Goalies vor, die ihr Geld im Ausland verdienen und die es trotz wenig Beachtung aus der Heimat noch weit bringen können.

Benjamin Siegrist, 29: Dundee United

Benjamin Siegrist ist der Inbegriff eines Spätzünders. 2010 gewann die Schweizer U17-Juniorenauswahl mit ihm zwischen den Pfosten die Weltmeisterschaft in Nigeria. Siegrist hütete in allen Partien das Tor und machte seine Sache herausragend. Eine grosse Laufbahn schien vorbestimmt zu sein, doch als Profi verschwand er alsbald in der Versenkung. Der Wechsel aus der FCB-U18 in den Nachwuchs von Aston Villa zahlte sich für Siegrist nie aus. Nach unglücklichen Leihstationen in unteren englischen Ligen kam er 2016 zurück in die Schweiz. Wobei, um genau zu sein, landete Siegrist in Liechtenstein. Mit dem FC Vaduz spielte er 2016/17 in der Super League, konnte den Abstieg aber nicht verhindern. In der Folgesaison im Unterhaus wurde der gebürtige Basler auf die Bank verbannt und seine einst so vielversprechende Karriere schien in der endgültigen Bedeutungslosigkeit zu versinken. Dann aber meldete sich Dundee United, ein Schottischer Zweitligist, bei Siegrist. Dieser liess sich auf das Abenteuer ein, wodurch seine Torhüterlaufbahn doch noch in eine Erfolgsgeschichte umgeschrieben wurde. Auf Anhieb war Siegrist gesetzt und bereits in seinem zweiten Jahr stieg er mit dem Klub als der überragende Torwart der Liga in die Premiership auf. In 28 Spielen wahrte Siegrist unfassbare 12 weisse Westen und kassierte ein Total von nur 22 Gegentoren. Seine Glanzleistungen kann er in dieser Saison auch als Aufsteiger in der Premiership wiederholen. In den schottischen Medien wird Siegrist als bester Torwart des Landes abgefeiert. Er ist der wichtigste Spieler im Team und gewinnt für seine Mannschaft wichtige Punkte. Zudem geht er als Wortführer voran und ordnet von hinten sowohl seine eigene Abwehrreihe, als auch das Aufbauspiel.

Keinem Torwart in der Premiership sind in dieser Spielzeit mehr Saves gelungen als ihm, nämlich ganze 93 in 26 Partien. Mit fünf „prevented goals“ hat ausserdem niemand sonst so viele 100% Chancen entschärft. 1,96m gross, extrem reaktionsschnell und äusserst ruhig am Ball: Siegrist hat in Schottland eine unglaubliche Entwicklung genommen und steht nun – obwohl er bereits 29 ist – am Beginn einer Karriere, die ihn über die Insel hinaus bekannt machen wird. In diesem Winter hagelte es bereits Transferanfragen. Celtic Glasgow, Schalke 04 und ZSKA Moskau wollten den Schweizer Goalie verpflichten. Im Sommer dürfte er nicht mehr zu halten sein. Dundee United-Manager Micky Mellon forderte jüngst, dass Vladimir Petkovic Siegrist zum Nationalspieler machen sollte.

Egal wie realistisch dieser Gedanke ist: Zur Zeit gibt es neben Gregor Kobel (23) und Anthony Racioppi (22) keinen anderen Schweizer Goalie im Ausland, der so gut in Form ist wie Benjamin Siegrist, in Schottland liebevoll „Big Benji“genannt. Wir werden von ihm noch hören…

© Instagram / blick.ch

Seny Dieng, 26: Queens Park Rangers

Seny Dieng hat einen sehr ähnlichen Werdegang wie Benjamin Siegrist hinter sich. Früh von GC zum MSV Duisburg ins Ausland gewechselt, tingelte der gebürtige Zürcher durch die englische Fussballprovinz, nachdem er sich 2016 ablösefrei den Queens Park Rangers angeschlossen hatte. Insgesamt wurde er zu drei niederklassigen Vereinen im Vereinigten Königreich verliehen, bekam bei QPR aber nie eine echte Chance. Das Modell, dass talentierte Spieler aufgekauft und dann über Jahre hinweg in ganz Europa verliehen werden, ist im englischen Fussball eine weitverbreitete Praxis. Seny Dieng war lange in diesem System gefangen. Erst vor der aktuellen Saison entschloss man sich beim Klub aus London, dass man seinem seit Jahren irgendwo auf der Lohnliste stehenden Schweizer Schlussmann auch einfach mal eine Chance geben könnte. Und diese hat Dieng eindrücklich genutzt. Dass die gegen den Abstieg in der zweiten Liga spielenden Queens Park Rangers nicht noch viel tiefer im Sumpf stecken, haben sie in erster Linie ihrem Torwart zu verdanken. Unglaubliche 8.59 „prevented goals“ hat Dieng vorzuweisen, der zweitbeste Wert der Liga. In 25 Spielen hielt er sieben Mal die Null und das, obwohl er mit 4.13 Schüssen pro 90 Minuten in der Championship am drittmeisten Bälle auf seinen Kasten gefeuert bekommt. Pro Partie gelingen ihm im Schnitt 3.05 Paraden, der drittbeste Wert in der Liga. Seny Dieng hat sich also in gerademal einem halben Jahr zu einem der besten Goalies der Championship gemausert, nachdem er jahrelang in der sportlichen Bedeutungslosigkeit unterwegs war. Innert kürzester Zeit hat er sich überdies zum Publikumsliebling und Hoffnungsträger der QPR-Fans hochgeschwungen.

Dieng ist 1,93m gross, sehr schnell und sprunggewaltig. Ein spektakulärer Torwart, der kaum Fehler begeht und seiner gesamten Defensive alleine durch seine Präsenz Stabilität und Sicherheit verleihen kann. Seine Qualitäten und hervorragenden Leistungen sind natürlich nicht lange unbemerkt geblieben. Bereits in diesem Winter gab es Transferanfragen von Arsenal, Crystal Palace und Leeds. Dieng bringt alles mit, um bald schon ein erfolgreicher Premier League-Torwart zu werden. Mit seinen 26 Jahren ist er ausserdem immer noch in einem jungen Goalie-Alter und daher entwicklungsfähig. Zweifelsohne besitzt Dieng die Klasse, Teil der Schweizer Nationalmannschaft zu werden. Der SFV sollte sich aber sputen: Obwohl er in Zürich geboren wurde, besitzt er auch die Senegalesische Staatsbürgerschaft. Tatsächlich wurde er bereits 2014 für die „Lions de la Terranga“ berufen, kam damals aber nicht zum Einsatz. Im Kampf um die Yann Sommer-Nachfolge im Tor der Schweizer Nati darf und sollte Seny Dieng auf jeden Fall ein Wörtchen mitreden.

© via sport.ch

* Daten von Wyscout

Siegrist: Der Beste in Schottland: https://www.thecourier.co.uk/fp/sport/football/dundee-united/1834012/dundee-united-micky-mellon-benjamin-siegrist-scotland/

Dieng zum Spieler des Monats Januar gewählt: https://www.qpr.co.uk/news/club-news/seny-dieng-voted-qpr-player-of-the-month-january-2021/

Von GC in die grosse Fussballwelt: https://www.derbund.ch/die-verrueckte-reise-von-zuerich-nach-london-und-gleich-zu-arsenal-732247807862

Share the Post: