Eines Tages Nati? Underrated Swiss Goalies Part 1

Dass die Schweiz eine Torhüternation par excellence ist, dürfte überall bekannt sein. Goalies wie Pascal Zuberbühler, Diego Benaglio, Yann Sommer, Roman Bürki oder Jonas Omlin standen oder stehen an der Spitze der nationalen Torwartgenerationen. Hinter diesen Hauptfiguren hat sich in den letzten Jahren aber eine qualitativ herausragende Torhüterschicht gebildet, die weder medial, noch in Schweizer Fankreisen die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient. Bolzplazz stellt die begabtesten dieser unterbewerteten Schweizer Torhüter vor.

In dieser Auflistung werden diejenigen Schweizer Goalies ins Licht gerückt, die noch nie Teil der Schweizer A-Nationalmannschaft waren und (zumindest zur Zeit) auch keine Rolle in einer U-Nationalmannschaft spielen. Die Schweizer Super League bringt Jahr für Jahr herausragende Torhüter hervor. Zuletzt wurde Jonas Omlin (27) mit einem Transfer in die Ligue 1 zu Montpellier belohnt. Im Teil 1 stellen wir nun die besten Schweizer Super League-Keeper vor. Aber nicht nur in unserer heimischen Liga tummeln sich viele starke Schweizer Torhüter – wie Teil 2 zeigen wird, gibt es auch im Ausland wenig beachtete aber hochspannende Torhüter mit dem roten Pass.

Jérémy Frick, 27: Servette FC

Seit dem Wiederaufstieg der Genfer in die Super League, entwickelte sich Torwart Jérémy Frick mit enormer Konstanz zu einem der besten Torhüter der Liga – und des Landes. Mit einer beachtlichen Statur von 1,93m, sehr breiten Schultern und grossen, kräftigen Pranken wirkt Frick wie ein Bär. Dank seiner stoischen Ruhe und einer ihm eigenen Unaufgeregtheit, steht der Genfer Schlussmann in der Liga wie kein Zweiter für Solidität und Zuverlässigkeit im Kasten. Patzer unterlaufen ihm praktisch keine, und auch sonst weiss man bei ihm ganz genau, was man bekommt. Abenteuerliche Ausflüge oder spektakuläre Szenen sind bei Frick eher rar, Torhüter-Extravaganzen hat er nicht nötig. Vielmehr verkörpert er den idealen hochseriösen Torwart, der keine unnötigen Risiken eingeht und somit seiner Mannschaft zu jeder Zeit Sicherheit und Stabilität schenkt. Statistisch gehört Frick zu den besten Goalies der Liga. Mit 5.69 „prevented goals“ steht er in dieser Kategorie in der Super League 2020/21 auf dem dritten Rang. Ebenfalls an dritter Stelle steht Frick bei der Anzahl Saves pro 90 Minuten – im Schnitt pariert er 3.21 mal pro Partie. 73% dieser Saves führte der Servettien mit erfolgreichen Reflexen aus – der ligaweit beste Wert. Mit 27 Jahren stehen Frick als Goalie nach wie vor viele Wege offen. Ein Auslandwechsel ist alles andere als unrealistisch, letzten Sommer stand er in der engeren Auswahl bei Montpellier, ehe die Franzosen schliesslich Landsmann Omlin verpflichteten. YB soll schon länger ein Auge auf Frick geworfen haben und könnte ihn als allfälligen von Ballmoos-Ersatz eines Tages in die Bundeshauptstadt lotsen. Und das Thema Nationalmannschaft? Hätte Frick eine andere Nationalität, er wäre wohl schon lange berufen worden. Doch in der Schweiz stehen ihm zu viele andere herausragende Torhüter vor der Sonne. Trotzdem: Jérémy Frick gehört landesweit zu den Besten seiner Zunft und verdient mehr Anerkennung.

© Sam Modestia / Sandro Färber

Timothy Fayulu, 21: FC Sion

Timothy Fayulu steht ganz am Anfang seiner Torhüterlaufbahn. Im Herbst 2020 hechtete sich der Youngster scheinbar aus dem Nichts ins Scheinwerferlicht. Innert kürzester Zeit verdrängte Fayulu den langjährigen Sion-Platzhirsch Kevin Fickentscher (32) aus dem Tor der Walliser. Aktuell ist er wohl der talentierteste Goalie in der heimischen Liga. 1,92m gross, extrem schnell, spritzig und sprunggewaltig: Fayulu ist bereits jetzt ein exzellenter Torwart und dürfte nur noch besser werden. Klar, in der löchrigen Sion-Defensive ist es nicht schwer, gut auszusehen, doch Fayulu gibt nicht einfach nur ein sehr elegantes Bild ab, sondern rettet das Team von Fabio Grosso Mal um Mal vor Gegentreffern. Gerademal 8 Spiele bestritt er in dieser Saison, kassierte dabei aber nur 10 Gegentore währed es gefühlt gut und gerne 20 hätten sein können. Denn: Kein anderer Torwart wird pro 90 Minuten so oft geprüft wie Fayulu, durchschnittlich 6 mal. Im Schnitt liefert kein anderer Torwart so viele Paraden pro Spiel ab wie das Sion-Juwel, nämlich knapp deren 5. Obwohl deutlich weniger Spielzeit als andere Super League-Goalies, steht Fayulu mit einem „prevented goals“-Wert von 4.72 an vierter Stelle. Und auch in puncto Reflexe sticht der 21 Jährige heraus: Nach Frick weist Fayulu den höchsten Erfolgsprozentsatz mit seinen Reflexen auf (64%). Zahlen lügen nicht: Timothy Fayulu ist ein Rohdiamant und hat seine Chance beim Schopf gepackt. Ihm wird eine wundervolle Karriere gelingen, daran besteht kein Zweifel. Ebenfalls kein Zweifel besteht daran, dass Fayulu das Zeug hat, einst im Tor der Schweizer Nationalmannschaft zu stehen. Das sieht wenig überraschend auch Christian Constantin so, der Vladimir Petkovic jüngst eine Nomination des gebürtigen Genfers nahelegte. Das einzige Problem dabei: Fayulu wurde in der Vergangenheit bereits für die Demokratische Republik Kongo berufen, kam aber glücklicherweise für die Schweiz noch nie zum Einsatz. Der SFV sollte alles daran setzen, Fayulu zurückzugewinnen – andernfalls hätte man eines der grössten Talente des Landes einfach verschenkt.

Noam Baumann, 24: FC Lugano

Natürlich ist auch der Lugano-Keeper in dieser Liste vertreten. Baumann ist vielleicht der spektakulärste Torwart der Super League und glänzt seit Jahren mit unglaublichen Reflexen. Auf der Linie gehört er zum Besten, was der Schweizer Torwartmarkt zu bieten hat. Auch Baumann misst 1,92m, ist aber weniger massiv gebaut als bspw. Frick. Das führt dazu, dass Luganos Überflieger extrem beweglich und wahnsinnig reaktionsschnell ist. Sein spektakulärer Torwartstil in Kombination mit auffälligen Frisuren und Tattoos bewirkt, dass der Schweizerisch-Dominikanische Doppelbürger quasi den Prototypen eines Publikumslieblings verkörpert. Zwar ist Baumann nicht immer ganz fehlerfrei, fällt dafür aber mit atemberaubenden Paraden auf und hält im Gegenzug auch mal einen „Unhaltbaren“. Mit dem Ball am Fuss und in der Spielauslösung hat Baumann noch Luft nach oben, vielleicht mangelt es hie und da noch etwas an der Konzentration. Doch der ehemalige Schweizer U21-Nati Keeper (2 Einsätze) ist mit seinen 24 Jahren immer noch sehr entwicklungsfähig und bringt mit Herzblut fürs Torwart-Kerngeschäft – nämlich das Hechten, Fliegen und Springen – viele andere Qualitäten mit. Mit 8 „prevented Goals“ überragt Baumann alle anderen Schweizer Super League-Torhüter meilenweit, ausserdem wurde er in dieser Saison noch nie von ausserhalb des Strafraums bezwungen. Er ist zweifelsohne einer der Garanten für die seit Jahren hervorragende und nur sehr schwer zu durchdringende Lugano-Defensive. Baumann ist sozusagen ihr Prunkstück. Der gebürtige Zuger wird auch immer wieder – gerade von Fans aus dem Tessin – als mögliche Option im Nati-Tor angeführt. Definitiv bringt Baumann die Fähigkeiten mit, um dereinst einmal eine Rolle in der Nationalmannschaft zu spielen. Mittlerweile ist der Keeper der wertvollste Fussballer im Kader der Luganesi und dürfte in naher Zukunft den Schritt ins Ausland wagen. Letzten Sommer wurden bereits diverse Gerüchte aus der spanischen La Liga laut. Es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis sich diese bewahrheiten.

© Sam Modestia / Sandro Färber

Alle dieser drei Torhüter – Frick, Fayulu und Baumann – gehören zu den besten Schweizern auf ihrer Position. Der ein oder andere sollte in Zukunft eine Rolle für die Nationalmannschaft spielen und jeder hat das Zeug dazu, in einer grossen Liga anzuheuern.

Teil 2 widmet sich unterbewerteten Schweizer Goalies im Ausland.

Stay Tuned!

* Daten von Wyscout

Die Schweiz als Torhütergeneration: https://cavanisfriseur.de/torhueter-schweiz/

Frick als Servette-Held: https://www.tdg.ch/ce-penalty-je-lai-senti-arriver-637823862216

Fayulu verdrängt Fickentscher: https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/nach-zwei-tollen-spielen-gegen-luzern-und-servette-fabio-grosso-ist-fayulu-die-neue-nummer-eins-id16256666.html

Baumann im TM-Interview: https://www.transfermarkt.ch/luganos-baumann-im-tm-interview-bdquo-ich-lebe-davon-dass-ich-manchmal-explodiere-ldquo-/view/news/369280

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