Das sind die Gesichter des FCB-Niedergangs

Die katastrophale und demütigend-desaströse 6:2-Ohrfeige im Achtelfinale des Schweizer Cups gegen Underdog FC Winterthur hat es unmissverständlich klargemacht: Der einst so stolze FC Basel ist ein Scherbenhaufen. Bolzplazz sucht Erklärungen und benennt die Gesichter des FCB-Niedergangs.

Dass ein nationaler Spitzenklub vom Kaliber des FC Basel innert so kurzer Zeit wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, hat es im Schweizer Fussball wohl nie gegeben. Sechs (!) Heimspiele in Folge sieglos, in der Liga trotz Zwischenrang 2 dem Abstiegsplatz exakt gleich nah wie Spitzenreiter YB und eine Verteidigung, die diesen Begriff nicht verdient. Dazu kommt ein verlorener Cupfinal 2020, das blamable Verpassen der Europa League-Gruppenphase gegen ZSKA Sofia und ein undurchsichtiges Chaos in der Klubführung. Aktuell steht beispielsweise kein Sportchef auf der Gehaltsliste des FC Basel. Es ist unklar, wer in der Führungsriege für was zuständig sein soll. Der FC Basel ist im Februar 2021 zu einer einzigen Farce verkommen. Seit 2017 ist so vieles im Klub falsch gelaufen, dass eine saubere Aufarbeitung aller falschen Abzweigungen, die dieser Klub genommen hat, den Rahmen dieses Artikels sprengt. Indem Schuldige gesucht werden, ist eigentlich niemandem geholfen. Doch wir wollen exemplarisch anhand einiger bestimmter FCB-Akteure aufzeigen, wie sehr der 20-fache Schweizer Meister sein Gesicht verloren hat.

Der FCB: Zerbrochen und gedemütigt

Ciriaco Sforza: Vom Talententwickler zum Krisenmanager

Dem FC Basel hilft momentan nicht, dass mit Ciriaco Sforza ein Trainer an Bord ist, dessen Spielideen auch nach über der Hälfte der Saison auf dem Platz nicht zu erkennen sind. Kommunikative Mängel des Coaches gegen aussen und – ziemlich sicher – auch gegenüber den eigenen Spielern, verkomplizieren das Gefüge noch mehr. Damit ist Sforza, obwohl beileibe weder der Hauptschuldige am Niedergang des FCB noch der Alleinverantwortliche für die sportliche Krise, dazu verdammt, als prägendes Gesicht der Degeneration des FC Basel in die Fussballgeschichte einzugehen. Eigentlich wurde er ja im Sommer 2020 geholt, um als Talententwickler die zahlreichen jungen Spieler weiterzubringen und damit dem ganzen Verein eine neue Ausrichtung zu verpassen. Doch weder konnte Sforza die FCB-Talente weiterbringen, noch wurde das Jugendprinzip wirklich umgesetzt. Somit fehlt dem Klub eine eigene Philosophie. Niemand weiss, wofür der Verein stehen will. Man will junge Talente fördern? Wieso wird dann vor allem auf die „alten Hasen“ gesetzt? Dem FC Basel fehlt es an einer klaren Struktur und Sforzas merkwürdige Personalentscheide und mangelnde taktische Handschrift tragen entscheidend dazu bei. Dass er als Förderer junger Spieler durchaus Erfolg haben kann, hat er eigentlich beim FC Wil bewiesen. Dieselbe Rolle kann er nun beim einstigen Ligakrösus plötzlich nicht mehr ausfüllen. Vermutlich, weil er schon sehr früh in der Saison, nämlich nach dem Verpassen der Europa League, als Krisenmanager auftreten musste. Seither ist der FCB in eine Negativspirale geraten, für deren Bewältigung ein Talentförderer wie Sforza schlicht die falsche Besetzung ist. Gefragt sind Feuerwehrmann-Qualitäten, die er nunmal nicht mitbringt. Sforza ist schlicht zur falschen Zeit FCB-Trainer geworden. Und der FC Basel hat zur falschen Zeit einen Talententwickler an der Seitenlinie stehen.

Timm Klose: Der Abwehrchef?

Nachdem im Sommer Omar Alderete an Hertha BSC verkauft wurde, fehlte der Patron in der Hintermannschaft. Indem der ehemalige eigene Junior Timm Klose (32) zurückgeholt wurde, erhoffte man sich die Schliessung dieser Lücke. Nun ja, geklappt hat es wahrlich nicht: Klose hat keinerlei Ausstrahlung auf dem Platz, zumindest keine, die man von einem 32-jährigen ehemaligen Nationalspieler erwarten würde. Hinzu kommt, dass er sehr langsam ist. Einerseits in der eigenen Laufgeschwindigkeit, andererseit in puncto Handlungsschnelligkeit. Gegen den FC Winterthur sollte Klose als Fels in der Brandung die Angriffe des Aussenseiters souverän abfangen. Tatsächlich fing sich Klose gegen die Challlenge League-Kicker aber sechs Tore ein und zeigte mit seinem Abwehrverbund eine defensive Nichtleistung, die es auf diesem Niveau wohl sehr selten zu bestaunen gab. Schludrigkeiten im Spielaufbau, unfähig die eigene Abwehr zu organisieren und zu sortieren und ein Tempo, das für den modernen Fussball nicht mehr reicht: Timm Klose ist ein absoluter Flop für den FCB, er konnte in dieser Saison nur äusserst selten die gesuchten und von ihm erwarteten Leadership- und Defensivqualitäten zeigen. Schwer vorstellbar, dass er über die Saison hinaus eine Rolle im Team spielen kann.

Eray Cömert: Ein Nationalspieler?

Eray Cömert, mittlerweile 23 Jahre alt, galt einst als grosses Versprechen. Der Innenverteidiger besitzt einen tollen öffnenden Pass, ist technisch durchaus begabt und schneller als manch andere. Seine guten Anlagen konnte er unter Marcel Koller weiterentwickeln und ausschöpfen und schaffte es 2019 sogar zum Schweizer Nationalspieler. Doch seit Sforza das Ruder übernommen hat, ist Cömerts Entwicklung stagniert bzw. rückläufig. Defensive Unachtsamkeiten, dumme Ballverluste und einfache Fehler reihen sich in dieser Saison aneinander und zwangsläufig stellt sich die Frage: Wie gut ist Cömert wirklich? In der letzten Saison hatte er mit Omar Alderete einen Spieler neben sich, der ihm Halt gab und ihn besser machte. Nun fehlt dem FCB ein solcher Verteidiger, denn Timm Klose hat nicht annähernd gezeigt, dass er diese Lücke füllen kann. Darunter leidet in erster Linie Eray Cömert, der merklich an Souveränität und Solidität eingebüsst hat. Unvorstellbar, dass er in der aktuellen Verfassung eine ernstzunehmende Alternative für die Nationalmannschaft sein kann – gerade angesichts anderer Innenverteidiger wie Becir Omeragic (19) oder Leonidas Stergiou (18), die eben erwähnte Souveränität Spiel für Spiel ausstrahlen. Die FCB-Defensive ist in dieser Saison von einem Rückhalt zu einer Schwachstelle geworden – und zwar selbstverschuldet.

Edon Zhegrova: Der nächste Oberlin?

Für eine Summe von 3 Millionen fix übernommen, sollte Edon Zhegrova (21) das nächste grosse Ding beim FCB werden. Der flinke Kosovare gefiel mit frechen Dribblings und schlitzohrigen Aktionen in seiner Anfangszeit am Rheinknie. Doch seine rohen Anlagen konnte der Flügelstürmer nie in Zählbares, namentlich Tore und Assists, verwandeln. In 46 Spielen für Rot-Blau bringt es Zhegrova auf mickrige drei Tore und acht Vorlagen. Wie ein Blatt im Wind präsentiert sich der Hochveranlagte, bei kleinstem Wiederstand knickt er ein. Somit läuft der FCB Gefahr, einen zweiten Fall „Oberlin“ in seinen Reihen zu haben. Ein junger, talentierter Spieler, der für viel Geld verpflichtet wurde, dem neben schönen Einlagen mit dem Ball aber sonst herzlich wenig gelingt. Zhegrova fehlt die Bissigkeit, die Aggressivität und oftmals scheinbar auch der Wille. Aus aussichtsreichen Chancen schaut häufig nichts ausser ein Ball hinters Tor raus. Der teure FCB-Dribbler steht sinnbildlich für die Mentalitätsprobleme dieses Teams und ist schon jetzt in der Kategorie „Schönwetterfussballer“ anzusiedeln.

Ricky van Wolfswinkel: Ein Cabral-Konkurrent?

Der niederländische Stürmer steht in dieser Saison (zumindest meistens) hinter Toptorschütze Cabral an. Hie und da erhält der 32-Jährige zum Unverständnis aller FCB-Fans dennoch den Vorzug, so auch bei der historischen 6:2-Schmach gegen Winterthur. Van Wolfswinkel war einst ein überdurchschnittler Super League-Angreifer, keine Frage. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. In 22 Einsätzen in dieser Saison bringt er es auf unfassbar schwache 2 Scorerpunkte – je ein Tor und Assist. Dass ein Stürmer, der so ausser Form ist, dem brasilianischen Hochkaräter Cabral vorgezogen wird, ist gelinde gesagt ein Witz. Tatsächlich fehlt es ganz vorne, wie an vielen anderen Stellen auch, an der nötigen Kadertiefe. Cabral hat keinen ernstzunehmenden Konkurrenten, was weder ihm selbst noch dem FCB gut tut. Mit Darian Males (19) wurde im Wintertransferfenster eine Offensiv-Verstärkung geholt, der ehemalige FCL-Spieler fühlt sich aber auf den Halbpositionen deutlich wohler als im Sturmzentrum. Im nächsten Sommer muss ein neuer Stossstürmer her.

Und so steht Ricky van Wolfswinkel stellvertretend für den Niedergang des FC Basel. 13 Tore hat er in seiner besten Super League-Saison für die Bebbi erzielt, nun ist er zu einem Schatten seiner selbst geworden – genau wie der FCB.

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