- Emanuel Staub
Challenge League-Talente unter dem Radar
Aktualisiert: 4. Apr. 2021
Die zweite Schweizer Liga besitzt als Talent-Pool einen guten Ruf. In vielen Klubs wird konsequent auf junge Spieler gesetzt, die in der Challenge League ein ideales Sprungbrett vorfinden. Bolzplazz stellt fünf Talente aus dem Schweizer Unterhaus vor, die noch unter dem Radar schwimmen.
Obwohl die Challenge League von ihrem spielerischen Niveau her nicht die grösste Anerkennung geniesst, stellt sie durch zwei ganz bestimmte Faktoren dennoch eine Bereicherung für den Schweizer Fussball dar.
Einerseits bietet die Liga durch ihre Ausgeglichenheit und ihre Unvorhersehbarkeit extrem viel Spannung. Gerade der Kampf um den Barrageplatz verspricht auch in diesem Jahr wieder einen wahren Thriller. Der zweite grosse Pluspunkt der Challenge League ist die Jugendförderung. Alle Teams setzen auf Talente aus dem eigenen Nachwuchs oder auf junge Leihspieler aus der Super League.
Durch die grosse Dichte an hoffnungsvollen jungen Fussballern, ist die Challenge League ein äusserst interessantes Scoutinggebiet. Während sich gewisse Talente – etwa Petar Pusic (22, GC), Zeki Amdouni (20, SLO), Filip Stojilkovic (21, FCA), Nias Hefti (21, Thun) oder Samuel Ballet (20, FCW) – bereits einen Namen in der Fussballschweiz gemacht haben, gibt es aktuell zalhreiche vielversprechende Kandidaten, die es ihnen gleichtun könnten.
Bolzplazz stellt im Folgenden fünf der talentiertesten Challenge League-Youngster 2020/21 vor.
Sayfallah Ltaief, 20: FC Winterthur
Sayfallah Ltaief, Tunesisch-Schweizerischer Doppelbürger geboren in Zürich, wechselte 2018 aus der FCZ-Jugend in den Nachwuchs des Kantonsrivalen aus Winterthur. Im vergangenen Sommer wurde der Angreifer in die erste Mannschaft befördert, wo er seither für Furore sorgt.
Ltaief zeichnet sich durch ungheuren Speed, Schlitzohrigkeit und eine kaum greifbare Dynamik aus. Zieht er über die Flanke einmal los, ist er kaum mehr zu bremsen. Dank technischer Finesse und überragenden Fähigkeiten am Ball, veranstaltet er in den Challenge League-Stadien regelmässig Spektakel. Geradlinig und mit viel Zug zum Tor, belebt Ltaief den FCW-Angriff und bringt das Überraschungsmoment in die Winterthurer Offensive.
22 Challenge League-Einsätze hat der trickreiche Flügelstürmer für den FCW seit seinem Debüt im Juni 2020 absolviert. Dabei gelangen Ltaief 3 Treffer und 3 Vorlagen. Noch mangelt es seinen Aktionen teilweise an der letzten Konsequenz, doch für einen so unerfahrenen jungen Spieler ist das auch nicht weiter überraschend. Ein grosser Vorteil im Kampf um einen Startplatz: Ltaief ist polyvalent einsetzbar, er kann auf beiden Seiten auflaufen und ist überdies auch als zentrale Spitze gut aufgehoben.
Zwei Verletzungen haben das FCW-Juwel zuletzt zurückgeworfen, insgesamt verpasste er dadurch 16 Partien. Bei Coach Ralf Loose gilt aber: Ist Ltaief fit, wird er auch eingesetzt. Ohne Zweifel ist er das zur Zeit wohl vielversprechendste Produkt der FCW-Nachwuchsarbeit. Ltaiefs Weg wird ganz sicher in eine höhere Liga führen.

Donat Rrudhani, 21: FC Aarau
Donat Rrudhani bestreitet aktuell bereits seine zweite Saison als Stammspieler beim FC Aarau. Rrudhani dominiert das Mittelfeld nach Belieben, dank technischer Beschlagenheit und strategischer Weitsicht ordnet und belebt er das Aarauer Offensivspiel.
Im Sommer 2019 stiess er vom Promotion League-Klub Black Stars Basel in den Aargau. Sofort spielte er sich fest und stieg zum Schlüsselspieler auf. Rrudhani, der im letzten Herbst erstmals Teil der Kosovarischen U21-Nationalmannschaft war, besticht nicht nur durch Ballsicherheit und Übersicht, sondern auch durch Polyvalenz: Beim FCA hat er quasi schon alles gespielt. Ob als zentraler Mittelfeldspieler, Zehner, Flügel oder Mittelstürmer: Rrudhani erledigt seine Aufgabe mit Bravour.
In 25 Challenge League-Partien in dieser Saison kommt der Kosovare auf 9 Scorerpunkte (4 Tore, 5 Assists). Neben dieser starken Ausbeute führt Rrudhani auch die Kategorie "Key Passes" an. 17 Schlüsselpässe hat er in der laufenden Spielzeit abgegeben – mehr als jeder andere Spieler in der Liga.
Rrudhani ist definitiv für Höheres berufen. In diesem Winter wurde er Berichten zufolge von Spitzenreiter GC umworben. Dass sein Weg in die Super League führt, ist nur eine Frage der Zeit. Zudem dürfte Rrudhani als spielstarker und gewiefter Spielmacher bald auf dem Radar von Kosovo-Coach Bernard Challandes erscheinen.
Noël Wetz, 20: FC Thun
Rechtsverteidiger Noël Wetz durchlief sämtliche Jugendmannschaften der Berner Oberländer und wurde im letzten Sommer schliesslich in die erste Mannschaft hochgezogen. Beim Neustart in der Challenge League wollte der FC Thun wieder vermehrt auf eigene Talente setzen und Wetz wurde nach der Amtsübernahme Carlos Berneggers sofort das Vertrauen geschenkt.
18 Partien hat der Schweizer U20-Nationalspieler bisher 2020/21 absolviert, bei fast allen stand er in der Startaufstellung. Wetz ist schnell, schlägt gute Flanken und zeigt sich äusserst zweikampfstark. Bissig in der Rückwärtsbewegung und engagiert im Offensivspiel: Wetz' Einsatzbereitschaft und Fighter-Qualitäten sind in Thun nach dem Abstieg sehr gefragt.
Sein persönliches Highlight dürfte sein Premierentor gegen Xamax im letzten Dezember sein, als er mit einer herrlichen Direktabnahme von der Strafraumkante ins untere Eck traf. Wetz darf sich daneben auch noch 2 Vorlagen gutschreiben lassen, was seine offensiven Qualitäten unterstreicht.
Sollte der FC Thun in die Super League zurückkehren, wird Wetz' Aufstieg unter Bernegger dazu beigetragen haben. In der Schweizer Bel-Etage dürfte die Entwicklung des talentierten Aussenverteidigers aufmerksam beobachtet werden. Auch U21-Nati-Trainer Mauro Lustrinelli wird seine Augen offen halten: Nach der U21-EURO steht ein Umbruch an, sämtliche eingesetzte Aussenverteidiger sind bereits 22 Jahre alt. Wetz könnte der designierte Nachfolger von Rüegg, Lotomba & co. werden.

Nicky Beloko, 21: Neuchâtel Xamax
Erst im Winter 2021 kehrte Nicky Beloko in die Schweiz zurück. Der in Kamerun geborene und in der Waadt aufgewachsene Mittelfeldspieler hat eine wahre Odyssee hinter sich. Als grosses Versprechen wechselte Beloko im Sommer 2018 vom FC Sion in den Nachwuchs der AC Florenz. Von dort wurde er nach Belgien zum KAA Gent verliehen, ehe er nach nur einem halben Jahr und ohne Einsätze wieder zurückkehrte.
Doch auch im zweiten Anlauf konnte er sich in Florenz nicht etablieren und nahm daher im letzten Transferfenster den Umweg in die Challenge League. Xamax schnappte zu und lotste Beloko leihweise zu sich.
In Neuenburg hat das junge Mittelfeldtalent auf Anhieb den Tritt gefunden. In 7 von 7 möglichen Spielen wurde er eingesetzt, zuletzt stand er immer in der Startelf und fand auch seinen Spielwitz wieder. Beloko besitzt tolle Anlagen: Passsicherheit, technische Beschlagenheit und eine grosse Spielintelligenz zeichnen den zentralen Mittelfeldspieler aus.
Beloko, seines Zeichens Schweizer U20-Nationalspieler, hat seine Zeit in der Challenge League bislang perfekt genutzt und sich wieder ins Schaufenster gespielt. Die Leihe läuft im Sommer aus. Ob Xamax in der Lage ist, seinen Hoffnungsträger zu behalten, ist noch unklar. Für den Moment ist vor aber allem schön zu sehen, dass ein Talent, das zu früh ins Ausland ging, seiner Karriere wieder die richtige Richtung verleiht.
Justin Hammel, 20: Stade-Lausanne-Ouchy
Torwarttalent Justin Hammel stiess im letzten Sommer ablösefrei von der Basler U21 zu Stade-Lausanne-Ouchy. Als sich im Winter Stammkeeper Danny Da Silva verletzte, wurde Hammel über Nacht zur Nummer 1 befördert.
Bei seinen ersten Einsätzen für SLO, eines der Überraschungsteams dieser Saison, konnte Hammel sofort positiv auf sich aufmerksam machen. Mit tollen Reflexen und Paraden betrieb er beste Werbung in eigener Sache. 4 Mal behielt der gebürtige Basler in seinen 11 Einsätzen eine weisse Weste und etablierte sich als echter Rückhalt.
Für einen 20-jährigen Torwart gibt es nichts Wichtigeres, als regelmässige Matchpraxis zu sammeln. Jedoch dürfen sich nur sehr wenige so junge Goalies im Profifussball als Nummer 1 bezeichnen. Hammels erste Schritte im Herrenbereich sind geglückt, sein weiterer Weg könnte sich als äusserst interessant entpuppen.
Hamel: Aus dem Nichts zur Nummer 1: https://www.bazonline.ch/aus-dem-nichts-zur-nummer-1-430329531982
Wetz ist mit Herblut bei der Sache: https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/185930/
GC an Rrudhani dran: https://www.nau.ch/sport/fussball/gc-vor-verpflichtung-von-thun-flugelspieler-nuno-da-silva-65866949