Bruderduell: So eng ist die Verbindung der Schweiz zum Kosovo

Zu keinem anderen Land pflegt die Schweiz fussballerisch eine derart enge Beziehung wie zum Kosovo. Anlässlich des heiss erwarteten „Bruderduells“ im Letzigrund, blicken wir auf die starken Verbindungen zwischen den beiden Nationalteams.

Blickt man auf das kosovarische Nationalteam, ist eines schnell offensichtlich: Der Einfluss der Schweiz. Über die Jahre sind zahlreiche hierzulande geborene und ausgebildete Spieler – die meisten davon nach wie vor in der Super League oder in der Challenge League engagiert – in die Landesauswahl einberufen worden. Für den Schweizer Fussball ist das beste Werbung, schliesslich erhalten so viele Spieler aus der Schule des SFV die Chance, ihr Können auf internationaler Bühne zu zeigen.

Nicht immer ist die Beziehung zwischen den beiden Verbänden aber spannungsfrei. Dann etwa, wenn beide Föderationen um die Dienste eines besonders begabten Doppelbürgers buhlen wie im Fall Andi Zeqiri. Bei anderen spannenden Spielern machte der Kosovo hingegen das Rennen, Toni Domgjoni, Betim Fazliji oder Benjamin Kololli sind etwa Kandidaten, die von ihren Anlagen her durchaus auch für die Schweizer Nati in Frage gekommen wären.

Wie viel Schweiz steckt wirklich im Kosovo? Und wie viel umgekehrt? Zeit für eine kleine Analyse:

Der Aufstieg des kosovarischen Nationalteams in den vergangenen Jahren ist eng mit einer bestimmten Personalie verknüpft: Trainer Bernard Challandes. Der Neuenburger übernahm das Amt im Jahr 2018 und führte das Team in höhere sportliche Gefilde. Der Gewinn der Nations-League-Gruppe und das daraus resultierende Ticket für die Playoffs zur EURO 2020 (wo man sich Nordmazedonien geschlagen geben musste) sind die grössten fussballerischen Erfolge des jungen UEFA-Mitglieds. Der daraus resultierenden gestiegenen Erwartungshaltung konnte der Schweizer Coach zuletzt aber resultatmässig nicht mehr gerecht werden und musste im letzten Herbst daher seinen Hut nehmen. Neu auf der Trainerbank sitzt der französische Altmeister Alain Giresse.

Die Super-League-Fraktion:

Die kosovarische Auswahl verfügt stets über zahlreiche Super-League-Exponenten. Im aktuellen Aufgebot stehen zwar „nur“ drei Spieler aus der höchsten Schweizer Liga, in der jüngeren Vergangenheit haben aber zahlreiche hierzulande Beschäftigte ihre Spuren in der Nationalmannschaft hinterlassen.

Das Verteidigertrio Fidan Aliti (FCZ), Mirlind Kryeziu (FCZ) und Betim Fazliji (FCSG) ist fester Bestandteil der kosovarischen Auswahl. Allesamt wurden sie in der Schweiz geboren und ausgebildet, Fazliji und Kryeziu durchliefen zudem diverse Nachwuchsauswahlen des SFV, ehe sie zum Kosovo übertraten. Gemeinsam kommen sie bereits auf 52 Einsätze für die Nationalmannschaft. Aliti agiert als routinierter Abwehrchef, während dem talentierten Fazliji die Zukunft gehören soll. Kryeziu hingegen ist erst seit dieser Saison und seiner überragenden Entwicklung in Zürich ein echter Faktor im Team, auch er dürfte langfristig zu einer Stütze heranwachsen.

Drei weitere aktive Spieler dürfen in die kosovarische „Super-League-Fraktion“ gezählt werden: Die beiden Mittelfeldspieler Lorik Emini (FC Luzern) und Hekuran Kryeziu (vereinslos, zuletzt FCZ) entstammen beide der Luzerner Nachwuchsabteilung und gehören zum erweiterten Kreis der kosovarischen Auswahl. Kryeziu spielte vor dem Ende seines Vertrages in Zürich eine wichtige Rolle im Team und kommt bereits auf 27 Länderspiele. Auch Dribbelkönig Edon Zhegrova (Lille, zuletzt Basel) darf mit Abstrichen in diese Kategorie aufgenommen werden. Anders als die anderen aufgeführten Namen wurde er zwar nicht in der Schweiz geboren, kam aber als Spieler des FC Basel gross raus und soll den Kosovo in eine goldene Zukunft führen.

Die Challenge-League-Fraktion:

Auch viele Spieler aus der zweiten Schweizer Liga haben sich bereits in den Fokus des kosovarischen Verbandes gespielt. Alle nachfolgend aufgeführten Akteure wurden mit der Ausnahme von Aaraus Donat Rrudhani und Schaffhausens Jetmir Krasniqi in der Schweiz geboren und kommen auf mindestens einen Einsatz für den Kosovo:

  • Shkelqim Demhasaj (Grasshoppers, ausgeliehen an FC Winterthur)
  • Liridon Balaj (FC Aarau)
  • Donat Rrudhani (FC Aarau)
  • Jetmir Krasniqi (FC Schaffhausen)
  • Mersim Asllani (Stade-Lausanne-Ouchy)
  • Lavdrim Hajrulahu ((Stade-Lausanne-Ouchy))

Schweiz-Kosovaren im Ausland:

Zahlreiche hierzulande geborene kosovarische Nationalspieler haben sich Transfers in grössere Ligen verdient. Einige von ihnen haben tiefe Spuren in den Schweizer Auswahlen hinterlassen, ehe sie ihre Zugehörigkeit geändert haben. Dazu zählen Rechtverteidiger Florent Hadergjonaj (Kasimpasa), der unter Petkovic 2017 einst gar sein A-Nati-Debüt für die Schweiz gefeiert hat, und Toni Domgjoni (Vitesse Arnheim), der bis im letzten Jahr essentieller Bestandteil des Schweizer U21-Teams war. Beide sind Schlüsselspieler im aktuellen Kader des Kosovos und haben sich ihre Plätze mit starken Leistungen im Ausland verdient.

Benjamin Kololli (Shimizu S-Pulse) war jahrelang Stammspieler beim FC Zürich, ehe er sich im letzten Sommer nach Ablauf seines Vertrages ein lukratives Engagement in Japan sichern konnte. Der technisch versierte Flügel kommt auf 23 Länderspiele für den Kosovo (4 Tore), wurde beim ersten Aufgebot des neuen Trainers Giresse allerdings nicht berücksichtigt. Andere Spieler wie Torhüter Arijanet Muric (Manchester City, ausgeliehen an Adana Demirspor) oder Innenverteidiger Arbenit Xhemajli (Sunderland) sind hierzulande nicht sehr bekannt, da sie früh ins Ausland gewechselt sind. Beide stammen aus Zürich, während Muric bei GC ausgebildet wurde, entstammt Xhemajli der FCZ-Akademie.

Auch in den kosovarischen Nachwuchs-Teams tummeln sich zahlreiche Schweizer, dazu zählen u.a. Kreshnik Hajrizi (Lugano), Andi Hoti (Inter), Uran Bislimi (Schaffhausen) oder Gezim Pepsi (Winterthur).

Auch die Schweiz profitiert von kosovarischen Spielern

Auch auf Schweizer Seite gibt es natürlich etliche Spieler mit kosovarischer Abstammung. Die bekanntesten Beispiele sind selbstredend Nati-Captain Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri, die den Schweizer Fussball geprägt haben wie nur wenige zuvor. Aber auch junge aufstrebende Talente wie Andi Zeqiri und Kastriot Imeri, oder ehemalige Grössen wie Valon Behrami stehen auf der langen Liste von Schweizer Nationalspielern mit Wurzeln im Kosovo. Diese dürfte in Zukunft nicht kürzer werden: Ein Blick in die U-Nati-Teams verrät, dass auch die nächste Generation an Schweiz-Kosovaren – mittlerweile schon die dritte – ihren Weg in die Auswahlen des SFV findet. Die fussballerische Verbindung der beiden Länder dürfte also in Zukunft nur noch stärker werden – zu beidseitigem Vorteil!

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