- Livio Dörig
Albian Ajeti: Auf den Traumstart folgt die Ernüchterung
Nachdem sich der Schritt vom FC Basel in die Premier League für Albian Ajeti als deutlich zu gross entpuppte, geht der Stürmer mittlerweile für Celtic Glasgow in Schottland auf Torejagd. Bolzplazz analysiert die aktuelle Situation Ajetis und zieht Bilanz. Reicht es für ein EM-Ticket?
Von West Ham zu Celtic Glasgow
Magere 130 Einsatzminuten in der Premier League, drei weitere Einsätze in den Cupwettbewerben, null Tore und null Assists: Seine erste Saison bei West Ham United hatte sich Albian Ajeti sicherlich anders vorgestellt. In der Heimat für St. Gallen und vor allem für den FC Basel mit überragenden Scoringwerten unterwegs, konnte sich der Rechtsfuss nach seinem Wechsel nach London schlichtweg nicht gegen Sébastien Haller, Michail Antonio & co. durchsetzen. Anstatt sich dem harten und schier aussichtlosen Konkurrenzkampf bei den „Hammers“ eine weitere Spielzeit lang zu stellen, zog es Ajeti letzten Sommer auf der Insel weiter nördlich und er schloss sich Celtic Glasgow an. 4,5 Millionen Pfund liessen sich die Celtic-Klubverantwortlichen die Dienste des gebürtigen Baslers kosten. Mit dieser Ablösesumme rangiert Ajeti immerhin auf Rang 11 der Rekord-Zugänge des schottischen Giganten.
Folglich waren die Erwartungen nicht gerade niedrig und die Celtic-Fans blickten erwartungsvoll auf den Zuzug des 24-jährigen Schweizer Nationalspielers. Durchaus nachvollziehbar, befinden sich die Scottish Premiership und die Super League von der Qualität her doch auf einem sehr ähnlichen Niveau. Und dass Ajeti auf diesem Level zu reüssieren vermag, steht ausser Frage. 66 Scorerpunkte in insgesamt 105 Super League-Partien untermauern dies eindrücklich. Doch der Angreifer überzeugte hierzulande nicht nur mit Torbeteiligungen, sondern begeisterte auch mit einer energischen Spielweise und unermüdlichem Einsatz zugunsten der Mannschaft. Ausgestattet mit einer grossen Gier am Gewinnen und Scoren, spielte sich der Vollblutstürmer in die Herzen der Super League-Fans und ins Nationalkader von Vladimir Petkovic. Insgesamt ist Ajeti bereits jetzt ein sehr kompletter Neuner. Attribute wie eine gewisse Grundschnelligkeit, ein kraftvoller Abschluss mit beiden Füssen und das „Näschen“ für gefährliche Situationen zeichnen ihn aus. In der Box gibt es kaum einen gefährlicheren und abgezockteren Stürmer mit Schweizer Pass als Ajeti. Mit 1,83m ist der Torschützenkönig der Super League aus dem Jahr 2018 zwar kein Riese, doch durch seinen bulligen Körperbau kann er sich in vielen Duellen auch gegen grössergewachsene Kontrahenten durchsetzen. Das Abschirmen von Bällen und die physische Durchsetzungskraft sind daher weitere herausragende Qualitäten Ajetis. Damit passt er vom Anforderungsprofil her grundsätzlich perfekt in die raue und körperlich fordernde Schottische Premiership.

Auf den Traumstart folgt die Ernüchterung
Der Start im neuen Klub verlief traumhaft: Ajeti erzielte in den ersten 6 Ligapartien direkt 5 Tore und steuerte einen Assist bei. Anstatt dass Ajeti auf dieser Erfolgswelle weiter ritt und seine Form der ersten Spiele konservierte, folgten danach schwierige Wochen und Monate. An die Topform aus dem Spätsommer konnte er bis dato nie mehr gänzlich anknüpfen. Die Zeit vom Oktober letzten Jahres bis zum heutigen Tage waren geprägt von Teilzeiteinsätzen, vollen 90 Minuten auf der Ersatzbank oder teilweise sogar Nicht-Berücksichtigungen auf dem Matchblatt. Erschwerend kam hinzu, dass Ajeti bei zwei Matches aufgrund einer COVID 19-Quarantäne nicht mitwirken konnte und anschliessend mit Fitness-Problemen zu kämpfen hatte. So kamen nach seiner ausgezeichneten Startphase bei Celtic nur gerade vier weitere Scorerpunkte dazu, während die Einsatzzeiten weiter abnahmen. Die Bilanz nach rund 8 Monaten in Glasgow schaut demzufolge äusserst durchwachsen aus: Wettbewerbsübergreifend absolvierte Ajeti 27 Partien, wobei ihm 6 Treffer und 4 Vorlagen gelangen. Die Anzahl an Torbeteiligungen liest sich eigentlich nicht mal unbedingt schlecht, doch nur ziemlich genau einen Drittel der maximal möglichen Spielminuten zu absolvieren, ist für Ajetis eigene Ansprüche deutlich zu wenig. Dass er auf der Insel weiter unter den Erwartungen bleibt, ist enttäuschend, vor allem wenn man bedenkt, mit welchen Ambitionen und mit was für einem Renommee er die Schweizer Super League vor gut eineinhalb Jahren verlassen hatte.
Den einen expliziten Grund für Ajetis schweren Stand bei Celtic zu nennen, ist nicht möglich. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel aus mehreren diffusen Ursachen, die ihm in den vergangenen Monaten zu schaffen machten. Da wäre in erster Linie zu nennen, dass Celtic Glasgow ganz allgemein eine schwache Spielzeit hinlegt und nicht so richtig auf Touren kommt. In der Liga ist der Serienmeister mit satten 18 Punkten Rückstand auf Cedric Ittens Rangers im Meisterkampf auf verlorenem Posten und muss nach neun Titeln in Folge erstmals wieder mit Platz zwei Vorlieb nehmen. Im schottischen League Cup scheiterte man blamabel im Achtelfinale. Und nachdem man in der Qualifikation zur Champions League gegen den ungarischen Vertreter und klaren Underdog Ferencváros ausschied, konnte man sich zwar noch mit Ach und Krach für die Gruppenphase der Europa League qualifizieren, enttäuschte aber auch dort: Anstatt in der Europa League die Sterne vom Himmel zu spielen, dankte man als Gruppenletzter noch hinter Sparta Prag ab und schied sang und klanglos aus. Auch Ajeti vermochte auf europäischem Parkett – trotz Erfahrungen beim FC Basel – nicht zu überzeugen. Nur eine Torvorlage in vier Partien sprechen Bände.
Ein weiterer Grund für die geringen Einsatzzeiten Ajetis trägt einen ganz bestimmten Namen: Odsonne Edouard. Mit dem französischen U-Internationalen steht Ajeti der wohl beste und talentierteste Akteur der Scottish Premiership vor der Sonne. Am ehemaligen Nachwuchsspieler von PSG gibt es kein Vorbeikommen, jedoch dürfte er in der nächsten Transferperiode den Abflug in eine Top 5-Liga machen. Immerhin bezüglich Konkurrenzkampf dürften Ajetis Perspektiven zukünftig also etwas besser aussehen. Doch dass die Klubverantwortlichen bei einem Abgang von Edouard keinen Ersatz verpflichten und stattdessen Albian Ajeti als Stürmer Nummer Eins das uneingeschränkte Vertrauen schenken, darf bezweifelt werden. Entscheidend dürfte diesbezüglich auch sein, wer der neue Übungsleiter bei Celtic wird. Nach der 0:1 Niederlage gegen Ross County FC schmiss Neil Lennon jüngst den Bettel hin. Als Übergangslösung wurde Co-Trainer John Kennedy zum neuen Teamchef befördert. Der Interimscoach setzte in seinem ersten Spiel als Cheftrainer jedoch auch nicht auf Ajeti und liess den Schweizer über 90 Minuten auf der Auswechselbank schmoren.
Reicht es für ein EM-Ticket?
Will der 11-malige Schweizer Nationalspieler im Kampf um ein EM-Ticket noch ein ernsthaftes Wörtchen mitreden, muss er in den noch ausstehenden Partien regelrecht explodieren, eine kontinuierliche Leistungsseigerung ist dringend nötig. Zuzutrauen ist es Ajeti allemal, verfügt dieser ja nachgewiesenermassen über einen grossen Ehrgeiz und den erforderlichen Biss, um sich aus einer so unvorteilhaften Lage herauszukämpfen. Eine optimale Möglichkeit um sich so richtig ins Rampenlicht und somit auch wieder in den engeren Kandidatekreis von Vladimir Petkovic zu hieven, ist natürlich das berühmt-berüchtigte Old Firm in gut zwei Wochen. Zwei Mal in dieser Saison wurde Celtic schon von den Rangers bezwungen. Um eine weitere Schmach zu verhindern, täte man also gut daran, Revanche zu nehmen. Kann sich Ajeti auch im legendären "Paradise" gegen den Erzrivalen nicht empfehlen, dürfte der Zug zur Europameisterschaft langsam aber sicher abfahren.
Ajeti verliert Old Firm gegen Itten: https://www.nau.ch/sport/fussball-int/celtic-glasgow-ajeti-verliert-old-firm-derby-gegen-ittens-rangers-65802615
Ajeti im erweiterten Nati-Kader: https://www.bluewin.ch/de/sport/fussball/external-nati-pk-live-welche-spieler-nominiert-petkovic-fuer-die-kapitalen-spiele-458380.html
Ajeti des Simulierens beschuldigt: https://www.skysports.com/football/news/11095/12213584/albian-ajeti-celtic-forward-avoids-two-match-ban-after-charge-of-simulation-found-not-proven