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  • Emanuel Staub

Abbruch oder Umbruch? Kaderanalyse FC Zürich 2021

Aktualisiert: 22. Juli 2021

Die Saison 2020/21 ist passé. Zeit, diese intensive Spielzeit Revue passieren zu lassen und auf die einzelnen Teams zu blicken. In diesem Artikel nehmen wir uns dem FC Zürich an. Nach drei enttäuschenden Jahren hintereinander soll man in der neuen Saison endlich den eigenen Ansprüchen gerecht werden. Wie kann das gelingen? Bolzplazz macht den Check.


7. Platz, 7. Platz und 8. Platz. So lauten die letzten drei Endklassierungen des Stadtclubs. Die Zürcher sehen sich selber jedoch als nationales Spitzenteam, eine Wahrnehmung, die stark von den nackten Resultaten der letzten Jahre abweicht. Im Führungsstab hat sich nach dem Ende der abgelaufenen Saison die Erkenntnis durchgesetzt, grundlegende Änderungen vornehmen zu müssen. So äusserte sich Präsident Ancillo Canepa selbstkritisch im Blick:


"Wir schauen nach vorne. Wir überlegen uns das konkret im Sinne eines Umbruchs. Wir überlegen, neue Wege zu gehen. Wir müssen mehr PS auf den Boden bringen!"

Dass es Canepa ernst meint, hat er mit der Freistellung Massimo Rizzos bewiesen. Überraschend konnte der bundesligaerprobte André Breitenreiter als neuer Trainer verpflichtet werden. Der 47-jährige Deutsche erarbeitete sich eine tolle Reputation als Aufstiegscoach von Paderborn und Hannover 96, er führte zudem Schalke 04 in den Europacup.


Immerhin eine – und ohne Zweifel die wichtigte – Planstelle konnte mit der Verpflichtung Breitenreiters also geschlossen werden. Jedoch gibt es zahlreiche weitere Baustellen im Kader der ersten Mannschaft. Auf dem Transfermarkt wird sich einiges tun müssen, auf praktisch jeder Position benötigt man Ersatz oder Verstärkung. Die Scoutingabteilung ist gefordert, einige Namen sind bereits durchgesickert. Diese werden wir im Detail analysieren und unsere eigenen Vorschläge einbringen, wie sich der FCZ erfolgreich neu aufstellen kann.


Das Thema Transfers ist in Zürich in den letzten Jahren ein sensibles geworden. Viele Zuzüge haben sich als Fehleinkäufe und teure Missverständnisse entpuppt. Etwa die Transfers von Mimoun Mahi, Denis Popovic oder Assan Ceesay. Seit geraumer Zeit fehlt ein echter Torjäger, daneben muss dringend auch in der Defensive mehr Substanz her.


Für unsere Kaderanalyse blicken wir zuerst einmal auf die bestätigten Abgänge.

  • Toni Domgjoni, ablösefrei zu Vitesse Arnheim

  • Benjamin Kololli, ablösefrei, Ziel unklar

  • Marco Schönbächler, ablösefrei, Ziel unklar

  • Hekuran Kryeziu, ablösefrei, Ziel unklar

  • Adrian Winter, ablösefrei, Ziel unklar

  • Novem Baumann, ablösefrei, Ziel unklar

  • Maren Haile-Selassie, verkauft an Xamax

Dass man für Spieler eines Kalibers Kololli oder Domgjoni keine Ablösesumme einstreichen konnte, spricht nicht für das Verhandlungsgeschick der Zürcher. Daneben erzürnt die Fans vor allem auch der unzimperliche Rausschmiss der Identifikationsfigur Marco Schönbächler. Der FCZ befindet sich inmitten eines undurchsichtigen Umbruches, der aber schleunigst an Fahrt aufnehmen muss. Am 23. Juli startet bereits wieder die neue Saison. Bis dahin muss der Kader den Ideen Breitenreiters angepasst und aufgewertet worden sein. Sonst kann aus dem Umbruch sehr schnell ein Abbruch werden...


via tagesanzeiger.ch

Im Folgenden gehen wir Position für Position durch und blicken auf mögliche Zuzüge und Abgänge:


Torwart

Wer bleibt? Yanik Brecher (28), Zivko Kostadinovic (28)

Wer geht? Novem Baumann (25, ablösefrei)

Wer könnte kommen? Gianni De Nitti (18, FCZ U18) oder Alan Omerovic (18, FCZ U21)


Die Torhüterposition ist die einzige Stelle im FCZ-Kader, wo sich nicht viel tun wird. Mit Yanik Brecher und Zivko Kostadinovic steht das Torwartduo fest. Brecher ist Captain und Leader, mag im ligaweiten Vergleich vielleicht kein top Keeper sein, performt für seinen Jugendklub aber stets sehr solide. Die einzige offene Frage ist jene nach der Nummer 3, denn Novem Baumann verlässt den Verein. Gut möglich, dass man im eigenen Nachwuchs einem jungen Keeper das Vertrauen schenkt. Gianni De Nitti, Schweizer U18-Nationalkeeper, unterschrieb jüngst seinen ersten Profivertrag und könnte so an die erste Mannschaft herangeführt werden. Auch Omerovic aus der U21 wäre eine Option.


Rechtsverteidiger

Wer bleibt? Silvan Wallner (19), Fabian Rohner (22)

Wer könnte gehen? Willie Britto (24)

Wer könnte kommen? Nikola Boranijasevic (29, Lausanne-Sport)


Die Aussenverteidigerpositionen gehören zu den grössten Baustellen. Kevin Rüegg, der im letzten Sommer in die Serie A wechselte, wurde nie ersetzt. Das soll und muss sich nun ändern. Gemäss mehreren Berichten soll der FCZ heiss auf Lausanne-Sport-RV Nikola Boranijasevic sein. Der Serbe legte eine vorzügliche Premierensaison in der Super League hin und wäre eine Sofortverstärkung. In 33 Einsätzen kam er in der abgelaufenen Spielzeit auf tolle 9 Scorerpunkte (3 Tore, 6 Vorlagen) – und scorte damit alleine mehr, als sämtliche FCZ-Aussenverteidiger zusammen (6 Scorerpunkte). Das Beste am Deal: Er wäre ablösefrei zu haben.


Hinter Boranijasevic könnte der talentierte Silvan Wallner reifen, während man Fabian Rohner eine Reihe weiter vorne einsetzen könnte. Stellt sich noch die Frage nach der Zukunft von Willie Britto: Der Ivorer verbrachte die Rückrunde auf Leihbasis in der Slowakei beim FK Pohronie, kam aber verletzungsbedingt nur zu einem einzigen Einsatz. Er dürfte kaum mehr eine Zukunft in Zürich haben und wird den Klub wohl verlassen.


Linksverteidiger

Wer bleibt? Fidan Aliti (27)

Wer könnte gehen? Tobias Schättin (24)

Wer könnte kommen? Chris Kablan (26, FC Thun)


Für die linke Defensivseite gilt dasselbe wie für die rechte: Es muss dringend Verstärkung her. In der abgelaufenen Saison war Fidan Aliti hinten links gesetzt. Der kosovarische Nationalspieler ist aber eigentlich ein gelernter Innenverteidigung. Zwar gefiel er durch Einsatz und Zweikampfsstärke, kann aber fehlenden Speed und fehlende offensive Durchschlagskraft nicht kaschieren. Will Breitenreiter mit offensiv gefährlichen Aussenverteidigern spielen, wird er kaum auf Aliti zurückgreifen. Dessen Kaufoption wurde gezogen, als defensiver Allrounder kann er in der nächsten Saison sehr wichtig werden.


Auch Tobias Schättin, der in der abgelaufenen Spielzeit nur 7 Pflichtspieleinsätze hatte, dürfte kaum die Lösung sein. Gut möglich, dass er sich einen neuen Klub suchen wird. Eine echte Option für den FCZ könnte indes Chris Kablan sein. Der wirblige Linksverteidiger hat seinen Vertrag beim FC Thun nicht mehr verlängert und wäre zum Nulltarif zu haben – eine sinnvolle Lösung. Seine Super League-Tauglichkeit hat er in den letzten Jahren bewiesen, genau wie seine offensive Ausrichtung. Mit ihm und Aliti hätte man ein gutes LV-Tandem, das, je nach Spielausrichtung, einen defensiv oder einen offensiv ausgerichteten Spieler anbieten könnte.


Innenverteidigung

Wer bleibt? Nathan (26), Lindrit Kamberi (21), Ilan Sauter (20)

Wer könnte gehen? Becir Omeragic (19), Mirlind Kryeziu (24)

Wer könnte kommen? Lasse Sobiech (30, 1. FC Köln), Marc Hornschuh (30, HSV II)


Bleibt Omeragic oder geht er? Das ist die grosse Frage. Der FCZ würde sich wohl nicht gegen einen Verkauf sträuben, wenn ein Klub seine Ablösevorstellungen erfüllen sollte. An Interessenten mangelt es nicht. Es ist jedoch auch nicht ausgeschlossen, dass der blutjunge Schweizer Nationalspieler noch ein weiteres Jahr in Zürich bleibt. Ebenfalls unklar ist die Situation von Lasse Sobiech. Der Leihvertrag mit dem 1. FC Köln ist ausgelaufen, ob er dort jedoch eine Zukunft hat, ist ungewiss. Beim FCZ konnte er überzeugen und man würde ihn gerne behalten.


Zum Trainingsstart weilt mit Marc Horschuh ein weiterer Innenverteidiger im Probetraining. Der Deutsche war zuletzt Captain der 2. Mannschaft des HSV und ist ablösefrei zu haben. Mit Ilan Sauter und Lindrit Kamberi stehen zudem zwei junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs im Kader, beide waren in die Challenge League verliehen und haben überzeugt. Unklar ist die Situation bei Mirlind Kryeziu: Der Kosovare verbrachte die Rückrunde leihweise beim SC Kriens, konnte aber nur bedingt Eigenwerbung betreiben. Sehr gut möglich, dass er sich einen neuen Verein wird suchen müssen.


Zentrales Mittelfeld

Wer bleibt? Ousmane Doumbia (29), Antonio Marchesano (30), Blerim Dzemaili (35), Stephan Seiler (20), Vasilije Janjicic (22), Nils Reichmuth (19), Bledian Krasniqi (20)

Wer geht? Toni Domgjoni (22, ablösefrei zu Vitesse Arnheim), Hekuran Kryeziu (28, ablösefrei), Izer Aliu (21)

Wer könnte kommen? Uran Bislimi (21, FC Schaffhausen)


Im Mittelfeld wird der FCZ vor allem mit dem Verlust von Domgjoni zu kämpfen haben. Ousmane Doumbia und Antonio Marchesano haben beide eine individuell starke Saison hinter sich, dahinter scharrt mit Bledian Krasniqi ein hochveranlagter Edeltechniker mit den Hufen, der die letzten zwei Jahre auf Leihbasis beim FC Wil vebracht hat und nun eine Chance erhalten soll. Auch Stephan Seiler und Nils Reichmuth, der jüngst mit einem Profi-Vertrag ausgestattet wurde, sollen das neue Gesicht des Zürcher Mittelfelds prägen. Der genesene Janjicic wird schrittweise wieder an die erste Mannschaft herangeführt.


Das liest sich gut, eine Verstärkung würde sich aber dennoch anbieten. Mit Domgjoni verliert der FCZ einen lauf- und zweikampfstarken defensiven Mittelfeldspieler mit herausragenden technischen Fähigkeiten. Uran Bislimi, der in der Challenge League beim FC Schaffhausen überragende Leistungen gezeigt hat, könnte sein Ersatz werden. Er bringt alle Attribute mit, die Domgjoni auszeichnen. Mit 21 Jahren ist er zudem noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung. Bislimis Vertrag läuft nur noch ein Jahr, finanzierbar wäre er also.


Flügel

Wer bleibt? Aiyegun Tosin (22), Henri Koide (19), Wilfried Gnonto (17)

Wer geht? Benjamin Kololli (29, ablösefrei), Marco Schönbächler (31, ablösefrei), Adrian Winter (34, ablösefrei), Maren Haile-Selassie (22, verkauft an Xamax)

Wer könnte kommen? Philip Otele (22, Kauno Zalgiris), Donat Rrudhani (22, FC Aarau)


Die Offensive dürfte den FCZ-Verantwortlichen am meisten Kopfzerbrechen bereiten. Mit Benjamin Kololli verliert man den überragenden Offensivspieler der vergangenen Jahre. Ihn zu ersetzen, wird extrem schwer. In der neuen Saison wird Supertalent Gnonto mehr Einsatzzeit erhalten. Mit seinem unfassbaren Speed und seinen Dribbelkünsten hat er das Zeug zum Breakout-Star der nächsten Saison. Tosin, ebenfalls eine Rakete, wird seinerseits mehr Verantwortung übernehmen müssen. Seine Anlagen sind zwar überragend, die 6 Tore und 0 Vorlagen aus der letzten Saison aber eine zu geringe Ausbeute.


Ohne Zweifel wird der ein oder andere neue Flügelspieler zum FCZ stossen. Wie diverse Medien berichten, soll sich der Stadtclub um die Dienste von Philip Otele bemühen. Der Nigerianer gilt in seiner Heimat als grosses Versprechen, seit einiger Zeit macht er in Litauen gehörig auf sich aufmerksam. Auf dem Zettel stehen muss zudem Donat Rrudhani. Der technisch beschlagene Kosovare ist in der Offensive polyvalent einsetzbar und glänzt durch Spielübersicht, Eleganz und Scorerqualitäten. 8 Treffer und 9 Vorlagen registrierte Rrudhani in der abgelaufenen Saison für den FC Aarau. Ein aufstrebender Youngster wie er könnte beim FCZ den nächsten Schritt anpeilen.


Sturm

Wer bleibt? Blaz Kramer (25)

Wer könnte gehen? Assan Ceesay (27)

Wer könnte kommen? Cephas Malele (27, FC Arges), Yannick Toure (20, Newcastle United)


Das grösste FCZ-Sorgenkind ist die Sturmspitze. Mit Blaz Kramer und Assan Ceesay war diese Position in den vergangenen zwei Jahren sehr dürftig besetzt. Die Bilanz von Kramer liest sich zwar nicht schlecht (17 Tore und 10 Vorlagen in 66 Einsätzen), jedoch bringt er (noch) zu wenig mit, um die alleinige Verantwortung für die Torproduktion zu tragen. Ihn wird man wohl kaum vom Hof jagen, ganz anders als Assam Ceesay, der nach miserablen drei Saisons endgültig keine Zukunft mehr zu haben scheint.


Was fehlt, ist ein echter Knipser, der zuverlässig Tore erzielt. Einer, der diesen Nachweis erbracht hat, wäre Cephas Malele. Der Schweizer Stürmer verbrachte den grössten Teil seiner Karriere in unteren Ligen in Italien und Portugal. Im letzten Sommer wechselte er zum FC Arges in die rumänische Liga, wo er alles in Grund und Boden schoss. 18 Tore und 4 Vorlagen in 31 Einsätzen liess sich Malele gutschreiben. Er kombiniert einen physischen Spielstil mit Abschlussstärke und Coolness. Tatsächlich entsprang Malele dem FCZ-Nachwuchs, nun wäre die perfekte Zeit gekommen, ihn als Torgaranten zurück in die Heimat zu holen.


Auch Yannick Toure wäre ein vielversprechender Kandidat. Der junge Schweizer Stürmer gilt als hoffnungsvolles Talent und hat seine Fähigkeiten in der U23 von Newcastle unter Beweis gestellt. Ihm wurde jedoch kein neuer Vertrag mehr offeriert, weswegen er nun ablösefrei zu haben wäre. Ein hervorragender Deal, den der FCZ da abschliessen könnte.


Die FCZ-Elf 2021/22 könnte sich in etwa so präsentieren:


  • Omeragic wurde nicht berücksichtigt, da die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels relativ hoch scheint



MVP der Saison 2020/21

Wenn man einen Spieler als MVP der Saison 2020/21 herauspicken will, dann muss die Wahl auf Antonio Marchesano fallen. Der quirlige Zehner absolvierte die beste Saison seiner Karriere, mit 13 Toren und 6 Vorlagen war er der alleinige FCZ-Topscorer.


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